1000 Jahre Geschichte um Mitterfels - 08 Mitterfelser Flurnamen verweisen auf Rodung und Geschichte
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Die Flurbezeichnung "Galgenholz" verweist auf die Mitterfelser Gerichtsgeschichte (Quelle: Uraufnahme von 1831 - Landesamt für Vermessung und Geoinformation)
Vor gut 830 Jahren tauchte der Name Mitterfels das erste Mal in einer Urkunde auf; Gschwendt im Kinsachtal kann auf 900 Jahre zurückblicken; vor 960 Jahren übernahmen die Grafen von Bogen den östlichen Donaugau von den Babenbergern; Metten, im Jahre 766 gegründet, rodete zu Füßen der schützenden Bergkette zwischen Vogelsang und Hirschenstein . . . über 1000 Jahre interessante Geschichte, in die wir in halbmonatlich wechselnden Kapiteln eintauchen.
Zu den vorhergehenden Kapitelbeiträgen können Sie sich im Menue rechts in der Grafik „1000 Jahre Geschichte um Mitterfels“ durchklicken.
08 Mitterfelser Flurnamen verweisen auf Rodung und Geschichte
Flurnamen entspringen nicht dem Gutdünken, sie sind gewachsen mit dem Werden des bäuerlichen Besitzes.
Die Mitterfelser Flurnamen hat 1955 Josef Lehner aus Mitterfels (geb. 1923, gest. 1979, als Studiendirektor in Zwiesel) zusammengetragen und - soweit möglich - nach sprachlichen und sachlichen Gesichtspunkten erläutert. Hier sollen nur solche Flurnamen näher betrachtet werden, die mit der Rodung und mit Heimatgeschichte in einem Zusammenhang stehen.
Aus frühester Rodungszeit stammen die Pointen, Quanten, Leithen und Breiten und jene, die auf Gemeinschaftsgründe hinweisen, wie Ochsenberge, Ochsenspan u. a. Die Point war wohl immer der erste, hofnahe Grund: für das unentbehrliche Kraut und für das Futter der im Stall verbleibenden Tiere, stets günstig gelegen, wie auch der Siedlungsplatz, und meist eingezäunt. In 25 Flurnamen erscheint dieses Wort. Die nächsten Rodungsflächen waren wohl die Leithen und Breiten, jene leicht zu bearbeitenden, nur mäßig geneigten Hänge, tiefgründiger als das steinreiche bergige Land und möglichst auch in Siedlungsnähe. In 52 Flurnamen unserer Gemeinde steckt dieses Wort; davon elfmal als "Große Leithen". Plannummer (PI. Nr.) 1455 am Scheibelsgruber Kirchenweg führte sogar beide Bezeichnungen im Namen: als "Mitterfelser Leithen" oder auch als "Kirchenbreiten".
Quanten oder Quantl konnte einfach die Ackerflur bedeuten; wo aber bei Gemeinschaftssiedlungen die Gewannflureinteilung in Frage kam, bedeuteten die Gewanne, die "Gwandten", den Feldanteil des einzelnen. Dort gab es stets auch die Allmende, die Allgemeinde, d. i. gemeinsames Weideland. Die Ochsenberge gehören sicherlich dazu und verweisen auf eine frühe Rodungsepoche. Auch ein "Ochsenspan" (PI. Nr. 1414) liegt im Neundlinggraben bei Scheibelsgrub, was eine Nutzung für eine beschränkte Teilnehmerzahl bedeutet. Achtmal gibt es die "Roßweide", zweimal die "Trifft" (PI. Nr. 108 und 1134), einmal die "Hutung" (Nr. 53), einmal den "Viehtrieb" (Nr. 1305) und einmal das "Stierwiesl" für den Gemeindestier (PI. Nr. 91).
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Die Stockäcker (westlich der Bayerwaldstraße) und das Pimaiset (nordöstlich des Friedhofs) tragen Namen aus der Rodungszeit. Auch ihre Parzellierung entspricht der damaligen Wirtschaftsweise.
Hier wurden für die Benennung neuer Straßen nicht Allerweltsnamen (wie sie in jedem Ort vorkommen) sondern alte Flurbezeichungen gewählt.
Mit zunehmendem Bedarf an Ackerland mussten immer mehr Wälder um Mitterfels weichen. Drum gibt es die vielen Riedl, die Stockäcker und das Pimaiset (Rieden = Roden, Maiset = Holzschlag, Stock verweist auf die vorerst im Erdreich verbliebenen Stöcke, die bei der damaligen bäuerlichen Handarbeit umgangen werden konnten.). Besonders überrascht bei allen dreien die Geschlossenheit und streng geometrische ParzelIierung - Zeichen eines Gemeinschaftswerkes. Parallel und schnurgerade laufen bis zu 40 äußerst schmale Streifen nebeneinander. Die Flurstreifen "Beim Pimaiset" (PI. Nr. 195-213) liegen nördlich vom neuen Friedhof, begrenzt durch die Mulden von Zackenberg und Spornhüttling. Die "Stockäcker" (PI. Nr. 233-275 - also 41 Parzellen) liegen westlich der BayerwaIdstraße, begrenzt durch die Grabenmulden des Spornhüttlinger Holzes und vor Unterholzen. (In der Gemeinde gibt es noch 10 weitere, einzeln gelegene Stockäcker.) Unter den Riedln ist das größte das "Weiherriedl" einschließlich "Weiherriedlstetten" und "Weiherriedlacker" (PI. Nr. 320-329). Es liegt östlich von Weiherfeld in Richtung Pumpstation. Dort hat der Wald das Riedl schon wieder zum Teil in Besitz genommen. Es gibt noch weitere vier Flurstücke mit ähnlichem Namen; von zweien noch eine Besonderheit: Beim "Riedl am Thalberg" (Nr. 13) muss man sich fragen , was hier am extrem steilen Hang zwischen "Felsenkeller" und Perlbach das Roden für einen Sinn haben sollte; beim "Riedlacker" dagegen (das als "Zimmermanngarten" bekannte Flurstück Nr. 295) will es der Zufall, dass Flurbezeichnung und heutiger Besitzername identisch sind.
Eine StreifenparzelIierung obiger Art ist noch viermal zu finden, so im einstigen großen Waldgebiet "Rörber", "Rainbachholz" und "Rainbachtheile" genannt (Nr. 400 -435 und 442-452). Die "Rörber" dürfte der Grenzwald gewesen sein zwischen den uralten Pfarreien Kreuzkirchen und Haselbach; dann auch beim Wald "Am Höllberg" (Nr. 306-314) knapp nördlich vom alten Waldbad, sowie beim "Krautgartenackerl" (Nr. 43-47) südlich vom Waldbadweg und schließlich im Bereich der "Neundling". Auch die über Jahrhunderte gebräuchliche Dreifelderwirtschaft (mit Sommerfeld, Winterfeld, Brache als Ruheperiode) ist in altüberlieferten Flurnamen angezeigt. Als "Hintere Äcker in der Brach" sind einmal die "Mittleren Weiheräcker" (Nr. 340a beim Spielplatz in der Pröllerstraße) angesprochen, als "BrachwiesI" das Flurstück 1457 in der Senke nördlich des Hochfeldrings.
Viel häufiger findet sich aber das gleichbedeutende Eggern, auch Eggart oder Ehgarten. "An den Eggern" heißt es bei Nr. 855 in Unterhartberg, "Eggernholz" bei Nr. 674 in Vorderbuchberg. "Ehgartenäcker" gibt es in Kreuzkirchen dreimal (691, 785, 786) , einen in Hinterbuchberg (524a/b), einen beim Wirtshaus Scheibelsgrub (1612). Hierzu etwas Interessantes: das Nachbarfeld Nr. 1611 und 7 südlich anschließende Felder (1605, 1608, 1633, 1647-48) sind als "Ödgarten" eingetragen (in der Aussprache des Volkes klingen die Namen Odgarten und Ehgarten fast gleich). Unser Flurnamensammler Lehner vermutete hier eine öde, aufgelassene HofsteIle - eine solche ist aber nirgendwo erwähnt und feststellbar; viel näher liegt eine Verballhornung des Namens, zumal man sich gut vorstellen kann, dass in der Hofmark ein ganzer Komplex von Feldern als Brache ("Ehgarten") diente.
Der Weinbau unter dem Kloster Oberalteich hat uns eine Reihe einschlägiger Flurnamen hinterlassen. Sogar drei Ortschaften tragen einen solchen Namen: "Weingarten" mit einer Flur "Weinleithe" (Nr. 732) und drei Fluren "Weingartenfeld" im nahen Oberhartberg (Nr. 902-904) ; "Weingraben" mit den Flurstücken "Weingrabenwiese" (1160a) und "Weingrabenhölzl" (1138) und schließlich die Einöde "Weinberg" nahe Vorderbuchberg, wo noch drei Grundtücke solche Namen führen: Nr. 620 "Am hinteren Weinberg", Nr. 621 "Weinberg", Nr. 609 "Weinbergweg". Die meisten solcher Namen finden sich aber bei Mitterfels selbst - 13 insgesamt, alle im Bereich Friedhofweg -Gärtnerei Hiendl gelegen, und den ganzen Buckel dort miteingeschlossen. Die Namen gleichen sich: Weinbergacker, Weingartenacker, Weingartenfeld, Weingartenwiesfleckl, Weingartenwiesl u. ä. (Nrn. 99, 100, 112-121, auch 1148).
Auf den stark verbreiteten Flachsanbau und dessen Verarbeitung zu Leinen verweisen Flurbezeichnungen mit "Rötzen, Bleichen und Färben". Auf den Retz- oder Rötzwiesen mit Brunnen wurde der Flachs solange gewässert, bis die Grünteile verfaulten. Bei Wollersdorf gibt es eine solche "Retzwiese" (Nr. 1005c), in der Scheibelsgruber Flur ein "Rötzwiesl mit Brunnen" (Nr. 1460), bei Weingarten auch ein "Rötzhölzl" (Nr. 741). Westlich Scheibelsgrub häufen sich in Flurnamen die Begriffe Rötz, Brunn, Bleiche, Färber (PI. Nrn. 1417 bis 1420). Hier gibt es ein "Rötz- und Brunn-Schusterfeld", eine "Bleileithen" (eigentlich "Bleichleithen"), eine "Färberleithen" und eine "Färberleithen mit Brunnen". Die zwei hier angesprochenen "Brunnen" sind: die Quelle mit kleiner Hilm neben dem Fußsteig zur Neundling; der "Hinterbrunn", eine einst so kostbare, heute vernachlässigte und versumpfte Quelle. Ein "Bleichgartl" gibt es auch in Hinterbuchberg (Nr. 567), ein "Bleichwiesfleckl" in Aichmühle (943 b).
Mit zunehmendem Ziegelbedarf wurde das Material möglichst ortsnah gegraben und verarbeitet. An der Burgstraße waren dies die Flurstücke 51 und 52 "Bei der Lehmgrube", "Ziegelstadel", Wohnhaus "Mit Brennofen" (später beim "Schall-Hafner", heute Kleemann). Auch in der Hinterbuchberger Flur gibt es ein "Lehmackerl" (581) und die "Lehmgrube" (566 a), bei Wollersdorf ein "Degelfeld" (1017), den "Ziegelstadel" (1019) und den "Spitalhang mit Lehmgrube" (1021), in Eisenhart die "Ziegelwiese" (1094), das "Lehmgrubenfeld" (1290) und die "Lehmgrubenwiese"; auch Großkohlham hat seinen "Ziegelstadel" (1309a).
Neben den bäuerlichen Flurbezeichnungen spielen für Mitterfels Namen eine Rolle, die auf das einstige große Amt verweisen. 80 Flurstücke sind es, davon allein 25 mit der Namensverbindung "Thurm" oder "Thurn", so wie das Schergenamt Mitterfels als "Thurnamt" oder "Amt Thürn“ bezeichnet wurde, d. i. zum Turm, zur Burg gehörend. Die meisten dieser Grundstücke liegen am Aubachl oder in dessen Nähe: das "Thurnloch", die "Thurmwiese“, der "Thurmgarten", der "Thurmgartenacker", der „Thurmlochgraben" (Nrn. 157-178, 1112, 1173). Ein weiterer "Thurmeracker" (Nr. 1412) liegt hart außerhalb Scheibelsgrub.
Es handelt sich um Pfleggründe, dem Pfleger zustehende Gründe. Vom Pfleger Balthasar Thürriegel zum Riegelstein (1545-1550) stammen "An der Thüriglleiten“ (Pl. Nrn. 1491-1493) und die "Thüriglgrabenwiese (Nr. 1494-95) südlich Scheibelsgrub, vom Richter Märkl der „Märklweg" (PI. Nr. 58), von weiteren Amtsleuten das „Gerichtsschreiberackerl" (PI. Nr. 350 1/2 Nähe Forstamt), der"Gerichtsschreiberstadel“ (Nr. 89), der "Schergengraben“ (Nr. 138) und das "Schergengrabenwiesl" (Nr. 1126b) zwischen Friedhof und Zackenberg. An die Scheibelsgruber Hofmarksherren erinnern "Am Herrnberg" (Nr. 1629), "Herrnbergholz" (Nr. 1630b und 1631), „Am Herrnbergholz" (1632b) und "Herrnbergacker" (1636a/b).
Mit der Lagerung der abzuliefernden Naturalien werden die "Kasten"-Namen in Verbindung gebracht; es dürfte sich aber (weil der Kasten ja in Oberalteich stand) um die Nutzungsgründe des "Kastners" oder "Kastenpropsts" handeln. Alle Grundstücke liegen beim heutigen Anwesen Popp von Kastenfeld: "Kastenfeld" (Nr. 468a), "Am Kastenfeld" (Nr. 453), "Kastenholz" (Nr. 474), "Kastenwiesl am Perlenbach" (Nr. 437 und 439).
An das hohe Gericht erinnern die Namen von 35 Flurstücken mit "Galgen" im Namen. PI. Nr. 384 und 385 verraten mit dem Namen "Beim Galgen" die genaue Lage. 20 Mal gibt es den "Galgenacker" (zwischen Nr. 359 und 380), acht tragen als Zweitnamen die Bezeichnung "Galgenried". Ferner gibt es ein "Galgenfleckl", ein "Galgenriedl", eine "Hintere Galgenwiese", ein "Hölzl an den oberen Galgenäckern" und sechsmal das "Galgenholz" (zwischen Nr. 387 bis 391 und 1268). Dagegen ist die Köpfstatt nur zweimal genannt: "Auf der Köpfstatt" fasst alle Grundstücke auf der Westseite der Bayerwaldstraße zusammen (von der Tankstelle Hafner bis zum Haus Grimm). Grundstück Nr. 281 (bei Dinter) heißt "Roter Anger an der Köpfstatt".
(Für die letzte öffentliche Hinrichtung 1847 hatte man aber die Wiese zwischen Moosmüller und Höfling gewählt.)
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Eine reich illustrierte Abhandlung über die Mitterfelser Flurnamen findet der interessierte Leser im Mitterfelser Magazin 19/2013.
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