Nationalpark Bayerischer Wald
Echt wild: Erster genetischer Nachweis Europäischer Wildkatzen im Nationalpark Bayerischer Wald
Seit 2010 tappen sie immer wieder in die Fotofallen des Nationalparks: Wild lebende Katzen mit dem typischen Wildkatzenhabitus (Foto: NPV Bayerischer Wald).
Das Vorkommen der Europäischen Wildkatze (Felis silvestris silvestris) im Bayerischen Wald gilt seit fast 170 Jahren als erloschen; ...
... im Rahmen des Fotofallen-Monitorings werden im Nationalparkgebiet seit fünf Jahren jedoch mit zunehmender Häufigkeit wildfarbene Katzen beobachtet. Experten zufolge zeigen diese Tiere alle äußeren Merkmale echter Wildkatzen, ein eindeutiger genetischer Nachweis stand bislang aber noch aus. Durch den Einsatz von mit Baldrian beköderten Lockstöcken gelang es jetzt erstmals, Haarproben einzusammeln, die von der Abteilung Wildtiergenetik des Senckenberg Museums eindeutig als Wildkatzenhaare identifiziert wurden. Nach der bundesdeutschen Roten Liste gelten Wildkatzen als gefährdet, in Bayern sind sie vom Aussterben bedroht.
„Waschecht“ und genetisch überprüft: Der Nationalpark Bayerischer Wald beheimatet wieder echte Europäische Wildkatzen (Foto: Michael Gäbler).
„Wir freuen uns natürlich sehr, dass wir mit der Wildkatze nach dem Luchs einen weiteren ‚Rückkehrer‘ begrüßen können, der im Nationalpark den geeigneten Rückzugsraum gefunden hat, der zum Überleben dieser extrem scheuen und gefährdeten Tiere in Bayern und Deutschland beiträgt“, so Nationalparkleiter Franz Leibl. „Jetzt, wo zweifelsfrei feststeht, dass die Wildkatze bei uns vorkommt, werden wir versuchen, ihre Anzahl genauer zu bestimmen und das bislang räumlich begrenzte Lockstock-Monitoring auf das gesamte Nationalparkgebiet ausweiten“, so Leibl weiter.
Der genetische Nachweis der Europäischen Wildkatze im Nationalpark gilt – trotz der Hinweise aus dem Fotofallen-Monitoring, bei dem bis zu 14 wildkatzenartige Tieren im Jahr registriert wurden – unter Experten als besonders bemerkenswert. Denn bislang ging man davon aus, dass der Bayerische Wald aufgrund seines Schneereichtums kein geeigneter Wildkatzenlebensraum ist, weil die Tiere zu wenig Mäuse erbeuten, um die harten Winter zu überleben. „Unsere Fotofallen haben in den letzten drei Wintern auch bei geschlossener Schneedecke Tiere erfasst, die aller Wahrscheinlichkeit nach Wildkatzen sind. Möglicherweise haben die milden Winter der vergangenen Jahre mit dazu beigetragen, dass Wildkatzen bei uns wieder eine Chance haben“, kommentiert Marco Heurich, Wildtierbiologe des Nationalparks, die bisherigen Befunde.
Die genetische Analyse der Wildkatzenhaare, die im Nationalpark zwischen der Racheldiensthütte und der Fredenbrücke von Lockstöcken gesammelt wurden, konnte bislang drei verschiedene Individuen unterscheiden, die aus ostdeutschen Populationen stammen. „Möglicherweise wandern Wildkatzen aus Wiederansiedelungsprojekten des BUND im Regental im Übergansbereich von Vorderem Bayerischen Wald und Vorderem Oberpfälzer Wald zu uns ein. Genauere Informationen über die Herkunft der Nationalparkkatzen erhoffen wir uns aus der aktuellen BUND-Lockstock-Kampagne in ganz Südbayern, die aufklären soll, wo es in Niederbayern Wildkatzen gibt und wie die genetischen Verbindungen aussehen“, so Heurich weiter.
Die Europäische Wildkatze ist eine von vier Wildkatzen-Unterarten, jedoch nicht die Stammform der Hauskatze, die von der afrikanischen Falbkatze (Felis silvestris lybica) abstammt. Von getigerten Hauskatzen unterscheidet sie sich rein äußerlich vor allem durch ihren kräftigeren Körperbau, einen wuchtigeren, breiteren Schädel, blassere Fellzeichnung und einen buschigeren, stumpf endenden Schwanz mit charakteristischen deutlichen schwarzen Ringen in der hinteren Hälfte und einer schwarzen Schwanzspitze. Eine sichere Unterscheidung ist jedoch nur durch die genetische Analyse möglich. Auch Waldkatzen genannt, bevorzugen Wildkatzen möglichst strukturreiche, naturnahe Wälder mit vielen Fels-, Baum- und Wurzelhöhlen, Totholz und kleinen Lichtungen, wie sie entstehen, wenn der Mensch möglichst wenig eingreift. Sie meiden daher Gebiete mit intensiver forst- oder landwirtschaftlicher Nutzung und scheuen generell die Nähe zu Menschen. Diese ausgeprägt „heimliche“ und einzelgängerische Lebensweise ist möglicherweise auch der Grund, warum Wildkatzen nicht schon längst in der um ein vielfaches größeren Hauskatzenpopulation untergegangen sind, obwohl Kreuzungen zwischen Wild- und Hauskatzen möglich sind und die daraus entstehenden auch Hybridformen durchaus vorkommen.
Quelle: Pressemitteilung Nationalpark Bayerischer Wald vom 16. April 2015
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