Mitterfels
Elektroden für mehr Lebensqualität
Bianca Spiewok-Prommesberger sitzt seit diesem Jahr wegen ihrer MS-Erkrankung im Rollstuhl. Foto: Franziska Schröppl – Vergrößern durch Anklicken!
Bianca Spiewok-Prommesberger leidet seit fast 20 Jahren an Multipler Sklerose.
Mit einem revolutionären Stimulationsanzug will sie nun ihre Mobilität und Freiheit zurückgewinnen.
Bei Bianca Spiewok-Prommesberger aus Mitterfels ist 2004 Multiple Sklerose diagnostiziert worden. In den vergangenen zwei Jahren ist das Krankheitsbild kontinuierlich schlechter geworden. 2022 hat sie einen Stimulationsanzug entdeckt, der ihr viel Lebensqualität zurückbringen könnte. Doch die Krankenkasse zahlt ihn nicht.Wenn man mit Bianca Spiewok-Prommesberger über den Stimulationsanzug „Expulse Mollii Suit“ spricht, leuchtet ihr ganzes Gesicht vor Freude. „Dieser Anzug könnte sehr viel Lebensqualität zurück in mein Leben bringen.“ Damit meint Spiewok-Prommesberger nicht, wieder rumspringen zu können, sondern es bedeutet vor allem mehr Mobilität und Freiheit in den kleinen Dingen. „Ich könnte vielleicht endlich wieder die paar Stufen zu meinem Lieblingsasiaten gehen, oder die eine Stufe auf die Terrasse meiner Mutter“, schwärmt die 45-Jährige. All das sind Dinge, die sie im Moment nicht mehr alleine kann.
Krankheitsbild wird kontinuierlich schlechter
Spiewok-Prommesberger hat 2004 die Diagnose Multiple Sklerose, kurz MS, bekommen. Dabei handelt es sich um eine autoimmune, chronisch-entzündliche Erkrankung des zentralen Nervensystems. Die ersten Schübe hatte sie schon 2003, doch anfangs wurden ihre Beschwerden als reine Einbildung abgetan. Erst nachdem sie Probleme mit den Augen hatte und der Augenarzt sie daraufhin zu einem Neurologen schickte, konnte nach einem Jahr die Krankheit diagnostiziert werden.
Bis vor ein paar Jahren hatte sie noch die für MS typischen Schübe, doch mittlerweile wird das Krankheitsbild kontinuierlich schlechter. Seit Anfang dieses Jahres sitzt sie nun im Rollstuhl. Das Sitzen im Rollstuhl ist für Spiewok-Prommesberger mit viel Leid verbunden. „Mit Krücken könnte man sich ja noch nur das Bein gebrochen haben, das kennen die meisten.“ Doch im Rollstuhl werde man direkt schief angeschaut. „Manchmal fühle ich mich im Rollstuhl wie ein Mensch zweiter Klasse“, erklärt sie den Tränen nahe. „Es ist oft nicht einfach“, erzählt Bianca Spiewok-Prommesbergers Mutter, Gertraud Prommesberger.
Ihre Familie ist Spiewok-Prommesberger sehr wichtig. Ihre Mutter, ihr Mann, ihre Schwiegereltern und auch ihr Sohn helfen ihr im Alltag alle sehr. „Ich weiß, dass das nicht selbstverständlich ist.“ Bianca Spiewok-Prommesberger war selbstständige Massage- und Wellnesstherapeutin, doch seit circa fünf Jahren kann sie ihren Traumberuf nicht mehr ausüben. „Das ist mir sehr schwergefallen.“ Aufgrund der Krankheit sind Spiewok-Prommesberger, ihr Mann und ihr Sohn 2016 weg von ihrem Heimatort, Landorf bei Stallwang, nach Mitterfels gezogen. „Das Haus ist kleiner und besser für die Krankheit ausgelegt“, erklärt sie. Außerdem seien ihre Ärztin und ihre Physiotherapeutin näher.
Im vergangenen Jahr hat Spiewok-Prommesbergers dann auf der Fachmesse „Rehacare“ von einer möglichen Lösung gehört, dem „Expulse Mollii Suit“. Ein Stimulationsanzug mit Elektroden, die bestimmte Körperregionen stimulieren und so für Erleichterungen sorgen sollen. „Erst war ich davon überzeugt, dass es bei mir bestimmt nicht funktionieren wird“, sagt Spiewok-Prommesberger. Im März durfte sie den Anzug testen. „Es hat kurz gedauert, aber dann fühlten sich meine Arme und Beine leichter an.“ Sie schaffte es daraufhin auch, mit Krücken zu gehen. „Ich konnte sogar meine Knie anheben“, erzählt sie mit einem Strahlen im Gesicht. Diese Ergebnisse halten dann für 48 Stunden an, ohne den Anzug in dieser Zeit tragen zu müssen, so der Hersteller. Auch Spiewok-Prommesberger konnte diese Erfahrung machen. Sie ist sich sicher, dass der Anzug bei weiterem Tragen noch besser wirken kann.
Krankenkasse lehnt den Antrag für den Anzug ab
Kurz darauf hat Spiewok-Prommesberger deshalb das Rezept von ihrem Arzt für den Stimulationsanzug direkt bei ihrer Krankenkasse eingereicht. „Dieser wurde aber recht schnell abgelehnt.“ Die Begründung: Es sei noch keine Hilfsmittelnummer für den Anzug bei der Krankenkasse hinterlegt.
Das war nicht die erste negative Erfahrung, die Spiewok-Prommesberger mit ihrer Krankenkasse gemacht hat. Die Genehmigung ihres Elektro-Rollstuhles hat auch ein halbes Jahr gedauert. In der Zeit musste sie sich selbst einen kaufen – ohne wäre es einfach nicht gegangen.
Der „Expulse Mollii Suit“ kostet 9 000 Euro – das Geld hat Spiewok-Prommesberger momentan nicht. Deshalb hat sie jetzt einen Spendenaufruf auf der Webseite Gofundme gestartet. „Ich bin eigentlich niemand, der auf so eine Art und Weise nach Geld fragt, aber ich erhoffe mir so viel von dem Anzug“, erklärt sie. Ob über diese Webseite genug Geld zusammen kommt, ist noch nicht sicher. „Aber die Hoffnung stirbt zuletzt.“
Franziska Schröppl/BOG Zeitung vom 26. August 2023 (Gen. der Lokalredaktion)
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