Thomas-Wiser-Haus. Gruppe Findus in Mitterfels

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Die Kinder der Gruppe Findus beim Osterlamm-Backen. Sie wachsen in einer familienähnlichen Struktur gemeinsam auf. Fotos: Thomas-Wiser-Haus – Vergrößern durch Aklicken!

Ein Schutzraum zum Großwerden

Es gibt Kinder, für die ist die eigene Familie nicht mehr der beste Ort, um ins Leben zu wachsen.

In der Gruppe Findus in Mitterfels finden sie ein liebevolles Zuhause.

Es ist ruhig an diesem Vormittag in dem orange-gelb gestrichenen Haus mit den blauen Fensterläden in der Mitterfelser Predigtstuhlstraße. Neben der Eingangstür strahlt einem der kleine Kater Findus von einem Schild entgegen. Die bekannte Kinderbuchfigur dient als Namensgeber für die Kleinkinder-Wohngruppe des Thomas-Wiser-Hauses, die es nun seit genau zwei Jahren gibt.

„Alle Kinder sind in der Schule oder im Kindergarten, deshalb ist es gerade so ruhig hier“, erzählt Maria Renner und lacht. Sie ist die Leiterin der Gruppe und hat sich gemeinsam mit Christian Borchardt, Erziehungsleiter beim Thomas-Wiser-Haus, Zeit genommen, um unserer Mediengruppe ein bisschen von ihrer Arbeit und den Findus-Kindern zu erzählen. Von Kindern, deren Eltern mit der Erziehung überfordert waren. Die mit Traumata, seelischen Beeinträchtigungen und Entwicklungsstörungen zu ihnen gekommen sind, weil sie Missbrauch, häusliche Gewalt oder Vernachlässigung genau da erlebt haben, wo sie sich eigentlich geschützt und geborgen hätten fühlen sollen.

Die Kinder dürfen hier so sein, wie sie sind

Dieses Gefühl der Sicherheit soll ihnen wiedergegeben werden. „Wir wollen unseren Kindern hier einen geschützten, sicheren Rahmen bieten, in dem sie sein dürfen, wie sie sind“, erklärt Maria Renner. Die Gruppe Findus ist eine Kleinkinder-Wohngruppe, das heißt, hier können Kinder bereits ab null Jahren aufgenommen werden. Derzeit leben sechs Kinder im Alter zwischen drei und acht Jahren in Mitterfels. Für mehr Kinder ist die Gruppe nicht ausgerichtet.

Als die Gruppe vor zwei Jahren startete, war das jüngste Kind ein Jahr alt und das älteste sechs. „Wir haben natürlich geschaut, welche Kinder vom Alter und auch vom familiären Hintergrund her gut zusammenpassen“, erklärt Borchardt. Denn hier in der Gruppe wachsen sie auf wie Geschwister. „Wir gestalten unseren Alltag ähnlich wie in einer Familie“, erklärt Renner. Dabei sind Struktur und ein fester Tagesablauf für die Kinder enorm wichtig. Auch ein Kind mit Autismus gehört zur Findus-Familie, für das geregelte Abläufe existenziell sind. Deswegen laufen die Tage im Grunde immer gleich ab und ähneln denen einer ganz normalen Familie. Morgens nach dem Aufwecken werden die Zähne geputzt, die Kinder ziehen sich an und es gibt ein gemeinsames Frühstück. Danach geht es in den Kindergarten oder die Schule. Nach dem Mittagessen gibt es eine Ruhephase für jedes Kind, wo es auf seinem Zimmer ein wenig für sich sein kann. Am Nachmittag stehen dann Termine wie Logo- oder Ergotherapie oder auch Dinge wie Fußballtraining oder Kinderturnen auf dem Programm. Nach dem Abendessen geht es dann so ab 19 Uhr langsam ins Bett. „Um halb acht ist dann in der Regel alles ruhig hier“, sagt Maria Renner.

Die Kinder dürfen gemeinsam groß werden

Insgesamt sieben Erzieherinnen und Sozialpädagoginnen und eine Berufspraktikantin kümmern sich um die Kinder. Tagsüber sind immer zwei Betreuungspersonen vor Ort, von denen eine über Nacht bleibt und noch das Morgen-Programm übernimmt. Außerdem gibt es zwei Hauswirtschafterinnen, die für die Kinder kochen. Einmal pro Woche kommt auch eine Psychologin in die Wohngruppe und macht Einzelgespräche mit den Kindern. „Sie schaut, was das Kind gerade braucht, was es beschäftigt und wie es ihm gerade geht“, erklärt Borchardt. Auch Vergangenes kann das Kind mithilfe der Psychologin aufarbeiten. „Hier gibt aber das Kind das Tempo vor.

„Was die Gruppe Findus von den anderen Wohngruppen des Thomas-Wiser-Hauses unterscheidet, ist, dass alle Kinder zeitgleich in die Gruppe gekommen sind und wirklich von klein auf zusammen aufwachsen: „Die Kinder dürfen hier gemeinsam groß werden, wenn sie das möchten“, erklärt Borchardt. Das heißt auch, dass sie ab einem bestimmten Alter nicht die Gruppe wechseln müssen. Damit sollen den Kindern weitere Beziehungsabbrüche und Neuanfänge erspart werden. Erfahrungen, wie sich so eine Gruppe entwickelt, gibt es noch keine. Doch Maria Renner ist zuversichtlich. „Unsere Gruppe ist wirklich gut gestartet, die Kinder verstehen sich und fühlen sich sehr wohl. Und bislang sind noch alle da. Das ist ein gutes Zeichen.“

 

Mittendrin im Leben

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Die Leiterin der Gruppe Findus, Maria Renner, und Erziehungsleiter Christian Borchert stehen neben dem Schild mit Kater Findus, der der Gruppe als Namensgeber dient. Foto: Verena Lehner – Vergrößern durch Aklicken!

Auch wenn die Kinder des Thomas-Wiser-Hauses in Mitterfels viel Struktur und geregelte Abläufe brauchen, schauen die Betreuerinnen darauf, dass die Kinder auch außerhalb ihrer Wohngruppe etwas erleben. Sie sollen mittendrin im Leben sein und danach wieder in ihren Schutzraum zurückkehren können.

Die Gruppe Findus ist gut integriert in die Marktgemeinde. Sie besuchen Feste wie zum Beispiel das Maibaumaufstellen. Die Kinder nehmen an den sportlichen Angeboten der Vereine teil und drei Kinder der Gruppe gehen auch in den örtlichen Don-Bosco-Kindergarten. „Wir sind hier wirklich sehr gut aufgenommen worden, die Zusammenarbeit mit der Gemeinde hat von Anfang an hervorragend geklappt“, erzählt Maria Renner, Leiterin der Gruppe Findus.

Auch die Spenden- und Hilfsbereitschaft sei sehr groß. So habe der Bauhof beispielsweise geholfen, den Rasen im Garten des Hauses neu anzusäen. Der Mitterfelser Kinder- und Jugendverein (MiKuJu) hat der Gruppe Fahrräder gespendet. „Das war wirklich großartig.“

Ein Höhepunkt für die Kinder ist jedes Jahr auch der gemeinsame Urlaub, den sich die Gruppe mithilfe von Spenden finanziert. Noch Monate danach erzählen sie oft davon. „Viele unserer Kinder kennen so etwas gar nicht“, sagt Renner. Es sei wichtig, mit den Kindern auch einmal aus dem Alltag ein wenig herauszukommen. Sie können neue Erfahrungen und schöne Erinnerungen sammeln, die sie fürs Leben prägen.

Dabei wird immer ein Urlaubsziel gesucht, das nicht zu weit weg ist, um den Kindern zum einen eine lange Autofahrt zu ersparen und zum anderen schnell zurückkommen zu können, falls irgendetwas ist. So geht es in diesem Jahr für die Findus-Kinder in eine Hütte nach Viechtach.  

 

Das Thomas-Wiser-Haus

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Ein Blick in ein Kinderzimmer der Gruppe Findus – Vergrößern durch Aklicken!

Das Thomas-Wiser-Haus in Mitterfels, in dem die Gruppe Findus ihre Heimat gefunden hat, ist ein wahres Kleinod für Kinder, um heranzuwachsen. Das Haus ist innen wie außen in freundlichen Farben gestrichen, die Räume sind liebevoll und kindgerecht eingerichtet und strahlen viel Wärme aus.

Neben dem großzügigen Essbereich mit einer langen Tafel für die gemeinsamen Mahlzeiten befindet sich gleich ein Wintergarten, in dem für die Kinder ein großer Spielturm steht, wo sie herumklettern können. Umgeben ist das Haus von einem großzügigen, idyllischen Garten, in dem große Bäume Schatten spenden und die Kinder sich im Sandkasten oder der Nestschaukel vergnügen können.

„Dieses Haus hier war ein echter Glücksfall für uns, die Kinder fühlen sich hier sehr wohl“, sagt Christian Borchardt, Erziehungsleiter des Thomas-Wiser-Hauses. Mithilfe der Aktion Sternstunden des Bayerischen Rundfunks konnte das Haus in Mitterfels durch die Dechant-Wiser-Stiftung gekauft und bedarfsgerecht umgebaut werden. Hintergrund war, dass beim Thomas-Wiser-Haus seitens der Jugendämter immer mehr Anfragen für die Aufnahme von Säuglingen und Kleinkindern kamen. Für diese Kinder sollte in Mitterfels ein Schutzraum geschaffen werden, in dem sie aufwachsen können.

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