Haselbach
Ein Schild als Souvenir
Immer wieder kommt es vor, dass Orts- und Straßenschilder geklaut werden.
Jüngst in Hunderdorf und Haselbach.
Für Gemeinden und Landkreis ist das ein leidiges Thema
Nur der Rohrpfosten hat noch am Ortseingang von Hunderdorf gestanden, vom dazugehörigen Schild fehlte aber jede Spur. Das war Anfang März. Einen Monat später das gleiche Bild in Haselbach, auch hier wurde das Ortsschild geklaut. Außerdem fehlten drei Wegweiser mit den Kilometerangaben nach Haselbach, Haibach und Rattiszell.
Wer klaut solche Schilder? Und warum? Diese Fragen haben sich auch die Bürgermeister der betroffenen Gemeinden und die Beamten der zuständigen Polizeiinspektion Bogen gestellt. Eine Antwort hat keiner von ihnen. Der 2. Bürgermeister von Haselbach, Alfons Biegerl, kann nur spekulieren, warum jemand das Ortsschild der Gemeinde stehlen sollte. „Vielleicht ein Liebhaber, der mal in Haselbach gewohnt hat“, äußert er seine Vermutung, „als Souvenir.“ Dieser Gedanke sei auch vor einigen Jahren aufgekommen, als ein Straßenschild mitten in Haselbach verschwand. Nur die Reste der Befestigung habe man damals bei einer „Sauber macht lustig“-Aktion gefunden.
Beklebtes Blankoschild zum Übergang
Polizeioberkommissar Christian Obermeier vom Polizeipräsidium Niederbayern kann zwar zu den aktuellen Diebstählen nichts sagen, bestätigt aber, dass solche Fälle immer wieder vorkommen. Warum es genau Haselbach und Hunderdorf getroffen habe, kann er sich nicht erklären. „Erfahrungsgemäß ist das Ortsschild von Asbach interessant“, sagt er. Naheliegenderweise wegen dem Bezug zum gleichnamigen Weinbrand. Deutschlandweit gibt es zahlreiche Gemeinden, die den begehrten Namen tragen. Auch im Landkreis Straubing-Bogen gibt es einmal das Ortsschild Asbach, nämlich in der Gemeinde Laberweinting. Zuletzt wurden dort im August 2020 gleich alle drei Schilder mitgenommen. Der Schaden sei überschaubar, sagt Bürgermeister Johann Grau, aber „es ist ein leidiges Thema“.
Im Fall von Haselbach und Hunderdorf standen die geklauten Schilder an einer Kreisstraße, weshalb der Kreisbauhof für deren Ersatz verantwortlich ist. „Der Landkreis hat sofort reagiert“, sagt Hunderdorfs Bürgermeister Max Höcherl, „und ein Übergangsschild aufgestellt.“ Dabei handle es sich um ein Blankoschild, das vom Kreisbauhof mit dem Ortsnamen beklebt wird. In der Zwischenzeit kann das neue Schild bestellt werden. „Der Laie erkennt keinen Unterschied“, versichert Höcherl. Mittlerweile ist der Ersatz an Ort und Stelle und die Beschriftung am Übergangsschild wieder entfernt. Das wartet als Blankoschild auf den nächsten Einsatz.
„Gleich geschaut, ob woanders ein Schild fehlt“
Für die Gemeinde sei der Diebstahl letztlich „kein großes Thema“ gewesen, sagt der Bürgermeister. „Aber wir haben trotzdem gleich geschaut, ob woanders noch ein Schild fehlt.“ Es blieb bei nur einem geklauten Ortsschild. Laut Höcherl ist das der erste Fall seit langem. Das bestätigt auch Bürgermeister Simon Haas aus Haselbach. Fünf bis sechs Jahre sei der letzte Diebstahl her, „für mich ist es das erste Mal als Bürgermeister“.
Häufiger würden dagegen, andere Verkehrszeichen gestohlen, wie etwa das Vorfahrtachten- oder auch Temposchilder. „Das fehlt vielleicht jemandem noch in seiner Sammlung oder im Hobbyraum“, sagt Höcherl und lacht. Obwohl er die Situation mit Humor nimmt, erinnert er daran, dass der Schilderdiebstahl eine Straftat ist.
Laut Tobias Welck, dem Pressesprecher des Landratsamtes Straubing-Bogen, kostet es rund 200 Euro, ein neues Schild aufzustellen. Dafür brauche ein motorisierter Straßenwärter mit An- und Abfahrt insgesamt eine gute Stunde. Der eigentliche Aufbau eines Ortsschildes dauere hingegen nur wenige Minuten, das gleiche gilt für den Abbau.
Mehr Schutzmaßnahmen, größerer Schaden
Die Schilder sind – so wie auch in Hunderdorf und Haselbach – mit normalen Schrauben und Schellen am Rohrpfosten befestigt. Eine Zeit lang habe das Landratsamt versucht, die Schrauben bei den begehrten Landkreisschilder zu verschweißen, um den Diebstahl zu erschweren, erklärt Welck. Doch ohne Erfolg: „Das war für die Diebe kein Problem, die die Pfosten oben mit einem Rohrschneider abgeschnitten haben. Der Zeitaufwand beträgt auch dafür fünf Minuten, aber der Schaden ist größer, da ein neuer Pfosten einbetoniert werden muss.“
Zeugen gesucht
Bei der Polizeiinspektion gebe es bislang keine Hinweise auf die Verantwortlichen der Diebstähle. Weil es so schnell gehe, die Schilder abzumontieren, sei die Wahrscheinlichkeit gering, den oder die Täter ausfindig zu machen. Aus diesem Grund sucht die Polizei nach Zeugen, die etwas beobachtet oder Verdächtiges bemerkt haben. Hinweise nimmt die Polizei unter der Telefonnummer 09422/85090 entgegen.
An der Landkreisgrenze grüßt dieses Schild. Für manche reicht es nicht, daran vorbeizufahren. Foto: David Salimi
Alles (Schrott-)Sammler?
Laut dem Pressesprecher des Landratsamtes Tobias Welck wurden in den letzten Jahren vereinzelt Schilder gestohlen, von Ortstafeln über Wegweiser bis hin zu Baustellenschildern. Insgesamt seien es etwa 20 Schilder pro Jahr, die abhandenkommen. „Derzeit fällt uns jedoch auf, dass die Diebstähle zunehmen“, sagt er. „Entweder aufgrund von Sammelleidenschaft oder wegen der steigenden Alupreise.“
Der Krieg in der Ukraine sowie die Sanktionen gegen Russland, das unter anderem zu den größten Exportländern der Erde für Aluminium gehört, treiben die Preise für das Leichtmetall in die Höhe. Laut dem Marktanalyseunternehmen Infront liegt der Preis aktuell bei 3 280 Euro pro Tonne (Stand Freitag). Zum Vergleich: Im vergangenen Jahr betrug der Preis am 24. April 2 220 Euro pro Tonne, am gleichen Tag im Jahr 2020 waren es 1 650 Euro.
Diese Preise zu erreichen, liegt bei Ortsschildern aus dünnem Aluminium freilich in weiter Ferne. Ein normiertes Schild hat eine Materialstärke von zwei Millimetern und wiegt knapp über drei Kilogramm. Es bräuchte also Dutzende Schilder, um einen annähernd dreistelligen Schrottpreis zu erreichen. Abgesehen von der benötigten Menge an Schildern dürfte es bei den Recyclingunternehmen und Schrotthändlern auffallen, wenn Ortsschilder angeboten werden. – han –
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