Mitterfels-Haselbach. Füreinander da sein

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Bianca Sagerer (l.), eine Helferin der Nachbarschaftshilfe, steigt gerade in das Auto, das für die Fahrdienste genutzt werden kann. Koordiniert wird die Nachbarschaftshilfe von den beiden Quartiersmanagerinnen Sandra Groth (Mitte) und Andrea Baumgartner (r.). Fotos: Verena Lehner – Vergrößern durch Anklicken!

Vom Fahrdienst bis zur Umzugshilfe: Seit Februar läuft in den Gemeinden Mitterfels und Haselbach das Projekt „Nachbarschaftshilfe“.

Nach wie vor werden dazu Helfer gesucht.

Im Garten müssen die Blumen gegossen werden, der Wocheneinkauf ist noch nicht erledigt und ein Arztbesuch in Straubing steht auch an. Alles ganz normale Dinge. Doch genau diese alltäglichen Dinge können für kranke oder alte Menschen, die niemanden haben, schnell zu einem riesigen Problem werden. Um ihnen möglichst schnell und unbürokratisch zu helfen, gibt es in den Gemeinden Mitterfels und Haselbach seit Februar das Projekt „Nachbarschaftshilfe“. Koordiniert wird das Ganze durch die beiden Quartiersmanagerinnen Sandra Groth und Andrea Baumgartner. Ihre bisherige Bilanz fällt unterm Strich positiv aus. Allerdings wird nach wie vor jede helfende Hand gebraucht.

Insgesamt sind es derzeit 36 ehrenamtliche Helfer, die die Nachbarschaftshilfe in den beiden Gemeinden aufrecht erhalten. „Momentan sind wir relativ gut aufgestellt“, sagt Sandra Groth. „Aber natürlich könnte es immer mehr sein.“ Es ist vor allem der Fahrdienst, der sich sehr großer Beliebtheit erfreut. Denn für viele ältere oder auch kranke Menschen, die kein Auto haben oder nicht mehr selber fahren können, kann zum Beispiel eine Fahrt zum Arzt oder zur Krankengymnastik zu einem großen Problem werden. Genau hier setzt die Nachbarschaftshilfe an.

Der Fahrdienst ist sehr gefragt

Wer einen Fahrdienst benötigt, der kann sich einfach bei Sandra Groth oder Andrea Baumgartner melden. Sie koordinieren die Einsätze. Groth stellt die Anfrage dann in eine extra dafür angelegte Whats-App-Gruppe, Baumgartner macht das Ganze telefonisch. „Uns ist es wichtig, dass die Fäden bei uns zusammenlaufen und die Anfragen nur über uns gehen, sonst gibt es Chaos“, sagen Groth und Baumgartner. Für die Fahrten der Nachbarschaftshilfe steht extra ein Fahrzeug bereit, das den Gemeinden von der Stiftung „Lichtblick Seniorenhilfe“ gespendet wurde.

Der Fahrdienst ist für viele auch deshalb so wichtig, weil Krankenfahrten nur noch in seltenen Fällen von den Kassen gezahlt werden. „Und wer da mit dem Taxi fahren muss, muss tief in die Tasche greifen“, sagt Baumgartner. Sandra Groth erzählt in diesem Zusammenhang von einer älteren Dame, die sie zu einer Augenoperation nach Straubing gefahren hat. Sie musste nach der OP an zwei weiteren Tagen nochmals zur Kontrolle. Da seien bei der Strecke zwischen Mitterfels und Straubing schnell um die 240 Euro Taxirechnung zusammen. „Eine kostspielige Sache“, sagt auch Baumgartner. „Wenn man bedenkt, dass eine Frau im Monat durchschnittlich zwischen 900 und 1100 Euro Rente zur Verfügung hat.“ Um die Fahrten gut koordinieren zu können, ist eine Vorlaufzeit von zwei Wochen ganz gut. Wenn es sich dabei um planbare Termine handelt. Um aber auch die Möglichkeit für alltägliche Besorgungen zu bieten, gibt es fixe Zeiten für Einkaufsfahrten. Diese sind für Haselbach Montag von 9 bis 11 Uhr. Und für Mitterfels dienstags von 9 bis 11 Uhr. Jeden ersten Mittwoch im Monat gibt es außerdem eine Fahrt nach Straubing.

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Bianca Sagerer (Mitte) hat gemeinsam mit ihrer Familie auch schon mal bei einem Umzug mitangepackt. – Vergrößern durch Anklicken!

Die Helfergruppe ist eine bunte Mischung quer durch alle Altersschichten. Vom rüstigen Senior bis hin zum Jugendlichen ist alles dabei. Und das ist auch gut so. Denn der Fahrdienst ist nur ein Angebot von vielen, die die Nachbarschaftshilfe bieten will. Erst kürzlich konnte zum Beispiel eine Umzugshilfe organisiert werden. Mit dabei war auch Helferin Bianca Sagerer, die von Anfang an bei dem Projekt beteiligt ist. Für den Umzug hat sie gleich ihre ganze Familie mit eingespannt. „Ich finde es wichtig, dass auch die Kinder und Jugendlichen lernen, dass es einfach wichtig ist, sich gegenseitig zu helfen.“ Ihre Tochter ist ebenfalls in der Nachbarschaftshilfe aktiv und füttert bei einer älteren Dame regelmäßig die Katze und gießt die Blumen, wenn sie nicht zu Hause ist.

Hilfe von und für jede Generation

Doch die Nachbarschaftshilfe soll nicht nur für ältere Menschen da sein. Es ist ein generationenübergreifendes Projekt, in dem jeder Hilfe in Anspruch nehmen kann. Und wo jeder einfach jedem helfen kann – nach seinen eigenen Möglichkeiten. So erzählt Sandra Groth zum Beispiel, dass sie kürzlich die Anfrage einer örtlichen Fahrschule hatte, ob denn jemand einer Schülerin beim Lernen für die Theorieprüfung helfen könnte. Schnell wurde dafür jemand gefunden. Einfach und unbürokratisch. Indem man einfach nur eins macht: füreinander da sein.

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Helfer Luca Groth beim Laub kehren. – Vergrößern durch Anklicken!

So funktioniert die Nachbarschaftshilfe

Die ehrenamtliche Nachbarschaftshilfe in Mitterfels und Haselbach ist organisiert über das Quartiersmanagement der beiden Gemeinden. Gefördert wird das Ganze durch das Bayerische Staatsministerium für Familie, Arbeit und Soziales, wodurch die beiden Quartiersmanagerinnen Sandra Groth und Andrea Baumgartner fünf zusätzliche Stunden bekommen haben, die sie für dieses Projekt aufwenden dürfen. Mit den fünf Stunden ist es zwar nicht getan. Aber Groth und Baumgartner sind sich einig: „Das ist eine wichtige Sache.“

Die Nachbarschaftshilfe soll ein ergänzendes Angebot zu den vorhandenen Dienstleistern sein und da ansetzen, wo diese Lücken in der Versorgung aufweisen. Kleine Reparaturen in Haus und Garten, eine stundenweise Entlastung pflegender Angehöriger, Grabpflege oder auch Hilfe beim Ausfüllen von Formularen – all solche Dinge sollen über die Nachbarschaftshilfe geleistet werden. Aber auch gemeinsame Aktivitäten gehören dazu. Besuche kultureller Veranstaltungen, Wanderungen oder kleine Ausflüge. So gibt es zum Beispiel regelmäßig Spaziergänge mit Senioren. „Die kommen oft ja so gut wie nie heraus aus ihren vier Wänden“, erklärt Andrea Baumgartner. Für die älteren Leute sei das eine wunderbare Abwechslung. Bewegung an der frischen Luft und jemanden, mit dem sie ein bisschen ratschen können.

Das Reden, das sei generell sehr wichtig, so Baumgartner. Das merke man auch beim Fahrdienst. „Die steigen ins Auto ein und fangen zu erzählen an.“ Und auch das soll Nachbarschaftshilfe sein: Gemeinsam Zeit verbringen, miteinander reden, Menschen zumindest für kurze Zeit aus ihrer Einsamkeit holen. Deshalb sagt Helferin Bianca Sagerer auch: „Wer sich als Helfer engagieren will, der muss schon ein bisschen Zeit mitbringen. Denn schnell, schnell, geht das oft nicht.“ Gerade für ältere Menschen brauche man oft einfach ein wenig Geduld. „Und sie haben es verdient, dass man sich ein bisschen Zeit für sie nimmt.“ Was Groth und Baumgartner wichtig ist: Es ist keine dauerhafte Verpflichtung, wenn man sich in den Helferkreis aufnehmen lässt. Und man darf auch mal nein sagen. Es soll niemandem zu viel werden. Die Aufgaben werden gleichmäßig verteilt.

Ebenfalls wichtig: Alle Helfer unterschreiben eine Verschwiegenheitsklausel. Wer also Hilfe benötigt, braucht keine Angst haben, dass etwas nach außen durchdringt.

Info

Wer die Nachbarschaftshilfe unterstützen möchte oder selbst Hilfe braucht, kann sich an die beiden Quartiersmanagerinnen wenden: Sandra Groth (Mitterfels), Tel. 0151/42226487. Andrea Baumgartner (Haselbach), Tel. 0160/4509698.

Verena Lehner/BOG Zeitung vom 17. April 2014 (Gen. durch Lokalredaktion)