Märchen als Teil der Erziehung

Maerchenerzaehler

Mit Märchenerzähler Patrick Atta (Mitte) wurde gesungen und getanzt. Foto: erö

Mitterfels: Abschluss der Reihe „Märchen erzählen“

Die Reihe „Märchen lesen und diskutieren“ wurde mit einem besonderen Märchenabend abgeschlossen.

Im Haus der Begegnung in Mitterfels lasen und erzählten Autor Herbert Becker und Patrick Atta, ein „Märchenspezialist“ von der Elfenbeinküste in Westafrika, über „Märchen im Wandel“. Der Germanistik-Doktorand Patrick Atta kommt von dem kleinen Dorf Kotobi im Südosten der Elfenbeinküste, ist unter anderem Lektor für Französisch an der Universität Regensburg und erzählte ein Märchen aus der Tradition seiner Großmutter, das „Märchen vom kleinen Sohn und seinem alten Vater“. Es ging um eine lange Reise, um einen kleinen Esel, auf dem einmal der alte Vater, einmal der kleine Sohn und zuletzt die beiden Wanderer gemeinsam ritten. Bis sie den kleinen Esel trugen, um ihn zu schonen. Aber immer erregten sie das Missfallen der Menschen. Schließlich begriffen sie, dass sie es nur den anderen, nicht sich selbst recht gemacht hatten.

Märchenlesung mit Gesang

Ein vom Sinn her ähnliches Märchen ist auch in der deutschen Tradition bekannt. Das Besondere an dieser Märchenlesung: Die Zuhörer durften ein Lied singen und es wurde sogar getanzt. „Das gehört bei uns zur Erzähltradition, die immer mündlich erfolgt“, erklärte Atta. Ebenso wichtig sei die Lehre am Schluss der Erzählung. „Denn Märchen sind ein Teil der Erziehung“. Auf den Wandel der Erzähltradition in Zeiten der Globalisierung ging Herbert Becker ein. In Marrakesch sei die Erzählkunst der männlichen Märchenerzähler 2001 als Unesco-Welterbe unter Schutz gestellt worden. Er schlug einen Bogen über Erzähler in Nord- und Osteuropa bis zur Erzähltradition der Nomaden, die ihr großes Repertoire an Geschichten spielerisch, mimisch und ebenfalls mit Musik und Tanz umsetzen. Dass es früher auch im bayerisch-böhmischen Wald derartige Erzählungen gab, bewies Becker mit dem Märchen vom armen Bauern Simon Quartlmeier und seiner wunderschönen weißen Stute, die ihm Glück, aber auch Unglück gebracht hat. Märchen im Wald handelten meist von der Überwindung der Armut, so Becker. In der nachfolgenden Diskussion wurde deutlich, dass heute noch Geschichten vorgelesen oder erzählt werden. Und immer sei ein Erziehungsaspekt dabei: Dass es sich lohnt, ein Ziel zu haben, sich anzustrengen und mutig zu sein. Auch das Kasperle-Theater gehöre in diese Kategorie.

Elisabeth Röhn/BOG Zeitung (Übernahme mit Genehmigung der Lokalredaktion)