Die Lehre von der Dreifaltigkeit und Dreieinigkeit nur etwas für Theologen?

Dreifaltigkeit Symbol

Symbol der Dreifaltigkeit (türkis) und der Dreieinigkeit (blau) - wikimedia CC-BY-SA 2.5/Thomas Steiner

Kath. Pfarreiengemeinschaft Mitterfels-Haselbach: Predigt von P. Dominik Daschner OPRAEM zum Dreifaltigkeitssonntag

Alles Leben ist Beziehung. Wirkliches Leben braucht Beziehungen. Ohne ist es gar nicht vor­stellbar. „Der Mensch wird erst am Du zum Ich“, so hat es Martin Buber prägnant aus­gedrückt. Beziehungen machen unser Leben bunt. Sie lassen uns das Leben in all seiner Viel­falt erfahren. In unseren Beziehungen spüren wir das Leben. Alles Leben ist Beziehung. Und dieser Satz stimmt auch andersherum: Beziehung schafft Leben. Aus der Beziehung zwi­schen Mann und Frau geht neues Leben hervor.


Die Lehre von der Dreifaltigkeit und Dreieinigkeit nur etwas für Theologen?


Wenn nun alles Leben Beziehung ist, so kann man schlussfolgern, muss dann nicht auch Gott, der Ursprung und Grund allen Lebens, in sich selbst schon Beziehung sein? Damit sind wir auf ganz kurzem Weg beim heutigen Festtag, dem Dreifaltigkeitssonntag. Die Lehre von der Dreifaltigkeit will genau das festhalten: dass unser Gott ein Gott-in-Beziehung ist.

Vielen erscheint die Lehre von der Dreifaltigkeit und der Dreieinigkeit Gottes - dass sowohl der Vater als auch der Sohn und der Heilige Geist in gleicher Weise Gott sind; drei unter­scheidbare Personen zwar, aber doch nur ein Gott - vielen erscheint das als eine furchtbar the­oretische Spekulation. Etwas nur für die Theologen, besonders für die Dogmatiker und Fun­damentaltheologen unter ihnen, von normalen Gläubigen indes kaum nachvollziehbar. Doch die Lehre von der Dreifaltigkeit Gottes ist gar nicht abstrakt. Die Theologie vergisst das manchmal, wenn sie Gott mit ihren Begriffen auf den Leib rücken will. Die Rede vom drei­faltig-dreieinen Gott fasst nur zusammen, was in der Heiligen Schrift über Gott, den Vater, über Jesus und den Heiligen Geist ausgesagt wird.


Ein Gott-in-Beziehung – Heiliger Geist die einigende Liebe


Wir dürfen hier sozusagen einen Blick tun in das Innere des göttlichen Lebens, in das dau­ernde In-Beziehung-sein Gottes. Der Vater verschenkt sich ganz an den Sohn; und der Sohn empfängt sich ganz vom Vater her. „Ich bin im Vater, und der Vater ist in mir“, so sagt es Jesus einmal im Johannesevangelium. Zwischen ihnen flutet eine Liebe, die selbst Person ist: der Heilige Geist. Er ist die einigende Liebe zwischen Vater und Sohn.

In der Gemeinschaft dieser drei göttlichen Personen gibt es keine Trennungen, weil sie sich dauernd aneinander verschenken. Ewig kreist das Leben, die Liebe zwischen ihnen. Unser Gott ist nicht in sich abgeschlossen, sondern Mitteilung, ist sich verströmende Liebe und Hin­gabe - ein Gott-in-Beziehung. Jede göttliche Person gewinnt ihr Selbstsein von der Beziehung zu den anderen her. Laufend sich verschenken und mit sich selbst beschenkt werden, das ist das Lebensprinzip Gottes. Nicht aus sich selbst leben, sondern vom anderen her, das ist das innerste Lebensgeheimnis Gottes.


Lebensprinzip Gottes auch für uns: Sich verschenken – vom anderen her denken - füreinander leben …


Um dieses Lebensprinzip Gottes geht es am Dreifaltigkeitssonntag. Durch unseren Glauben an den dreifaltigen Gott werden wir in dieses göttliche Lebensgeheimnis hineingenommen. Als Glaubende steigen wir ein in dieses Lebensprinzip Gottes: sich selbst vergessen, sich ver­schenken, füreinander leben. In Beziehung auf andere hin und für sie leben, und auf diese Weise sich selbst als lebendig erfahren, dazu will uns das Lebensprinzip des dreifaltigen Gottes anleiten.


… dieses Lebensprinzip ist Gegenpol zu heute um sich greifenden Individualismus


Ich weiß, liebe Schwestern und Brüder, diese Lebenshaltung der liebenden Hingabe an andere steht heutzutage nicht hoch im Kurs. Da ist heute vielmehr ein großer Individualismus zu be­obachten. Hauptsache: ich! Lass Dir nichts gefallen! Schau, dass Du zu Deinem Recht kommst und vorn dran bist! Vom anderen her denken; was mein Handeln für den anderen bedeutet – das ist heute nicht en vogue. Stattdessen herrscht ein großes Kreisen um sich selbst. Hoppla, jetzt komm ich. Nur ich bin jetzt wichtig. Ich bin ich, und die anderen müssen mich halt so nehmen und sich eben drauf einstellen. So klingt das dann.

Gegen diesen um sich greifenden Individualismus stellt uns der Dreifaltigkeitssonntag den Gott-in-Beziehung vor Augen, einen ständig sich aneinander verschenkenden und sich gerade dadurch selbst empfangenden Gott. Dieses göttliche Lebensprinzip, auf das wir heute schauen, lädt uns selber ein zu einem Leben in echten, ernsthaften Beziehungen. Wo wir uns – gegen allen Trend der Zeit - in diese göttliche Lebenshaltung der liebenden Hingabe an an­dere hineinziehen lassen, da gedeiht Leben. Denn Beziehung schafft Leben.


… da wird uns nichts vom Leben genommen, denn: Beziehung schafft Leben


Nicht im Für-sich-selbst-festhalten-wollen, sondern im Sich-verschenken-an-andere erfahren wir uns selbst als lebendig, spüren wir Leben und werden wir selber durch andere beschenkt, so wie wir es am dreifaltigen Gott ablesen können. Wo wir nicht nur für uns selbst leben, son­dern vom anderen her und auf den anderen hin, dadurch wird uns nichts an Leben genommen, da wird Leben nicht weniger. Im Gegenteil. Dies ist eine durch und durch lebensförderliche Haltung. So wird Leben mehr, da blüht Leben auf, da gedeiht und gelingt echtes, wahres Le­ben. Denn alles Leben ist Beziehung. Und Beziehung schafft Leben.