Sagen aus der Region (4)
In früheren Zeiten waren Gericht und Strafe strenge. Auf der Straßengabelung nach Ascha stand der Galgen; auf der Wiese hinter Moosmüller, Höfling zu (Marterwiese), war das Blutgericht.
Der „Hungerturm”, der erst 1812 am Pfingstmontag einstürzte, war Zeuge der Marter auch mancher Unschuldiger, die von manchem recht grausamen „Pfleger von Mitterfels” dort eingesperrt wurden! Davon eine Sage (nach Silvanus):
„Der grausame Gerichts-Pfleger von Mitterfels hielt die Bauern so in Respekt, dass sie schon vor dem Schatten seiner Hutfeder zitterten. Er zwang durch allzu rasche und grausame Anwendung der Folter eine junge Dirne von Elisabethszell, welche sich Anna Osterkorn schrieb und mit Georg, dem Gutsjäger von Haibach verlobt war, zum Geständnis eines Kindsmordes. (Ihr Kind war an natürlicher Lebensschwäche gestorben.) Sie wurde zum Tode verurteilt und starb unschuldig unter dem Schwerte des Henkers. (Sie wurde am Platze begraben.)
Mehrere Jahre später ritt der grausame Pfleger am Hochgericht (Richtstätte) vorbei: ein Totenschädel, von Tieren ausgescharrt, rollte seinem Pferde vor die Füße, dieses scheute und stürzte mit seinem Reiter in den Abgrund: Jämmerlich zerschunden gibt der überstrenge Mann unter schweren Gewissensbissen (den Justiz-Mord an der Unschuldigen beklagend) seinen Geist auf.” *)
(Nachlass Heiß)
*) Der grausame Pfleger hieß Wilhelm Heuraus. So schrecken jetzt (1946! Red.) in Mitterfels noch ältere Leute die Kinder mit: „Warte nur, der Heuraus kommt!”
Aus: Mitterfelser Heimatbüchlein Nr. 2, hgb. von Dr. Josef Rußwurm, veröffentlicht im Mitterfelser Magazin 11/2005
Mehr über Dr. Josef Rußwurm [... hier]