Können Vögel eigentlich schwitzen?

Bei den jetzigen Temperaturen muss man schon diese Frage stellen

 

Wie extreme Kälte belasten auch heiße Temperaturen die Vögel genauso wie Menschen und Säugetiere mit gleichbleibender Körpertemperatur. Überhitzung und Unterkühlung sind gleichermaßen gefährlich. Im Laufe der Entwicklung haben sich viele Kühlmechanismen und Tricks entwickelt, um die normale Körpertemperatur aufrecht zu erhalten. Es ist erstaunlich, dass Mensch und Vogel oft vergleichbare Strategien anwenden.

 

Ob im sommerlichen Büro oder in der Sauna - wir schwitzen.

Das Verdunsten der Flüssigkeit auf der Hautoberfläche bringt die wichtige Verdunstungskälte. Vögel haben allerdings keine Schweißdrüsen, sie können also nicht schwitzen.

 

Bei ihnen tritt daher ein anderer Mechanismus in Kraft: Das Körperwasser sickert nämlich passiv durch die Haut. Je mehr nackte Hautstellen Sonne und Wind ausgesetzt sind, umso mehr Wasser wird abgegeben und Verdunstungskälte entwickelt. Wir entledigen uns unserer Kleider und zeigen viel nackte Haut. Vögel in heißen Gegenden haben ein luftiges Gefieder mit weniger Federn, um die Verdunstung an der nackten Haut zu erleichtern. Manche Vögel zeigen auch noch das Hecheln und das Kehlflattern. In beiden Fällen wird Feuchtigkeit in Hals und Rachen verdunstet, die Verdunstungskälte kühlt das Blut. Wenn beim Kormoran die Körpertemperatur auf 43° C steigt, normalerweise misst sie 41° C, kann er durch Kehlflattern die Temperatur im Mundraum um 1° bis 5° C senken.

Während der heißen Mittagszeit suchen wir Schatten. Vögel dösen im Gebüsch, in Bäumen oder im Schilf, die Futtersuche beginnt erst am späten Nachmittag. Viele Wüstenvögel sind sogar dämmerungsaktiv, tagsüber verschwinden sie in Bodenhöhlen oder in Felsspalten. Dort sind die Temperaturen mit etwa 15° C Tag und Nacht so angenehm, dass z.B. ein Steinschmätzer in den Wüsten Nordafrikas in Höhlen brütet. Im Freien schwanken die Temperaturen innerhalb von 24 Stunden zwischen 0° und 25° C.

Wenn Vögel in der offenen Landschaft brüten, bilden die Eltern mit ihren Flügel einen Sonnenschirm über dem Nest. Das beobachten wir beim Strauß in der Steppe genauso wie bei unserem Storch auf einem Dach.

Menschen wie Vögel suchen ein kühlendes Bad. Bei unserer Vogeltränke im Garten oder an unserem Gartenteich können wir Amsel, Meise, Kernbeißer, Gimpel, Spatz und noch andere beobachten, wie sie duckend das Wasser vom Kopf über den Rücken rinnen lassen und sich im flachen Wasser mit Flügel schlagend nass machen. Dabei trinken sie auch, reinigen das Gefieder und ordnen es dann gewissenhaft mit dem Schnabel. Imposant erscheint der Kormoran, wenn er nach einem Tauchgang mit aufgefächerten Flügeln die Sonne zum Trocknen und den Wind zum Kühlen einlädt. Schwalben und Segler tauchen im Flug pfeilschnell durch die kühlende Wasseroberfläche, manche Schreitvögel nehmen Fußbäder im kalten Wasser. Störche und Geier spritzen den flüssigen Kot auf ihre Beine, um von der Verdunstungskälte zu profitieren.

Auch in heißen, aber windigen Gegenden kommt man kaum zum Schwitzen, weil der Wind und die trockene Luft jede Feuchtigkeit sofort verdunsten lässt. Daher setzen sich auch Vögel bei Hitze jeder Brise aus. Die Federn werden gespreizt, damit die bewegte Luft die nackte Haut gut erreicht. Der Hals wird gestreckt, die Flügel werden gestreckt und ausgebreitet, die schwach befiederten Unterseiten der Flügel dem Wind entgegen gehalten. Durch das Schütteln des Gefieders sorgen Vögel selbst für kühlende Luftbewegung. Beim Wüstenraben wurde gemessen, dass bei einer Umgebungstemperatur von 53° C die Wärme im Federluftpolster bei jedem Schütteln um 3° bis 4° sinkt. In der Wüste ruhen Vögel nicht auf dem heißen Boden, sondern auf Steinen, kahlen Ästen oder Leitungen. Hier hat der kühlende Wind Zutritt unter das Gefieder, im Gegensatz zum glühend heißen Sandboden.

Kühlung durch Wasserverdunstung heißt aber auch, dass für den Vogel die Gefahr des Austrocknens besteht. Wenn Wasser Mangelware ist, besteht eine Strategie, dieses aus dem Futter zu gewinnen. Das machen manche Nagetiere, aber es gibt auch Vögel, die kaum trinken. Diese fressen Insekten und Nektar, um so den Wasserhaushalt auszugleichen. Pflanzenfresser brauchen Wasser, und wer nur trockene Samen frisst muss kräftig trinken. Wüstenvögel und Meeresvögel haben das gleiche, besondere Problem: der hohe Salzgehalt des Trinkwassers. Manche dieser Vögel haben eine „Entsalzungsanlage“ eingebaut und scheiden das Salz über spezielle Salzdrüsen beim Oberschnabel wieder aus.

Alle Maßnahmen zur Abkühlung müssen unbedingt mehr Wärmeverlust als Wärmegewinn bringen. Nachdem in der Natur nachhaltig gearbeitet wird, ist es oft einfacher, der Hitze auszuweichen, als dort Kühlmechanismen einzuschalten.

Helfen kann man den Vögeln, indem man so genannte Vogeltränken aufstellt. Für die Tränken reicht eine größere Schale mit flachem Rand. Wichtig ist, dass das Wasser öfter ausgewechselt wird. Ideal ist natürlich ein Gartenteich. Hier kann man vor allem in den Abendstunden Amsel, Star und Meise beim Baden beobachten.

 

Bericht und Bilder : Dr. Hans Aschenbrenner, SR-Tagblatt 24.8.2013