Benefiziat in Mitterfels von 1941 - 1950
1946 erschien ein „Mitterfelser Heimatbüchlein" mit Mitterfelser Sagen und Geschichten. Gesammelt und herausgegeben hat sie der Benefiziat Dr. Josef Rußwurm, ein geborener Regensburger, der 1941 im Alter von 34 Jahren vom Bischof diesen „leichteren" Posten in Mitterfels verliehen bekam, weil er gesundheitlich angeschlagen war. In Mitterfels blieb er bis 1950 ...
... die letzten fünf Jahre davon aber schon stark leidend und zurückgezogen, aber in seiner Bibliothek voller Ideen und Elan für Pfarrei und Gemeinde am Werk.
Stichpunkte eines bewegten Lebens: Studienjahre auch im Ausland, nicht nur in Philosophie und Theologie, sondern (besonders) auch in den Rechts- und Geschichtswissenschaften; ein längerer Romaufenthalt als Kaplan; er knüpfte viele geistige Verbindungen und baute eine selten große Privatbibliothek auf, kam zu vielen Lebens- und Seelsorgeerfahrungen: als Kurseelsorger in Oberbayern, Männerkaplan in Innsbruck, Auslandsseelsorger, Schwesternkurat, bei Studenten und Bauern, als Kinderkatechet und Dekanatsjugendseelsorger - in der „Weltstadt" und im Bayer. Wald, in Heimen, Krankenhäusern und Familien, wobei er mit der Seelsorge noch wissenschaftliche Arbeit verbinden konnte.
Bis zu seiner Priesterweihe strotzte er vor Gesundheit, ein „aktiver Typ" und Sportler, der „über Zäune sprang" (seine Worte), als „Jugendbewegter" Stadtjugendführer bei Quickborn. Als Priester kam er sofort unters Messer, zunehmend machte ihm eine Skeletterkrankung und Versteifung der kleinen Gelenke zu schaffen.
Hauptlehrerin Barbara Plank beschrieb sein Wirken in einem eigenen Kapitel der Schulchronik. Erstaunt war man über die Menge Bücher, die er nach Mitterfels mitbrachte. Das ganze Haus, alle Zimmer und Gänge standen voll Bücher. Dr. Rußwurm war bald unermüdlich in der Seelsorge tätig: Er erteilte in den oberen Klassen Religionsunterricht, versammelte ab Advent 1941 die Jugend alle acht Tage zu Gruppenstunden, anfangs in der Pfarrkirche, später in der Friedhofskapelle, die er für die Jugendseelsorge herrichtete.
Er kümmerte sich um die Kleineren genau so wie um die heranwachsende Jugend. Sie kamen gern, vom Dorf, aber auch von den Einöden und Weilern, trotz der „Nazizeit". Dabei wurde viel gesungen, passend auch für die Feste und die Jahreszeit, sie lernten die Schubert-Messe „Wohin soll ich mich wenden?", die Christ-König-Messe von Haas, die Speyerer-Domfest-Messe, Choralmessen und die 5-stimmige Kindermesse von Schaechtl. „Wenn dann die Jugend in der Kirche sang, stimmten auch die Erwachsenen gerne ein und es klang so feierlich und voll", so Frau Plank. Unvergesslich sind auch die schönen Maiandachten der damaligen Zeit, die Fasten- und Herz-Jesu-Andachten und die Christmette in der Friedhofkapelle.
„Dr. Rußwurm war gegen Groß und Klein stets liebenswürdig und freundlich, hatte für alle zu jeder Zeit, auch auf der Straße, ein passendes Wort, eine Aufmunterung, einen Trost, eine Anerkennung, Lob oder Tadel - und gerade diese seine persönliche Fühlungnahme zu anderen brachte ihm so großen Erfolg in seinem Wirken."
Er gönnte sich so viel zu wenig Ruhe und opferte sich als Benefiziat ganz der Pfarrei. Sein Gesundheitszustand verschlechterte sich. Es traten Lähmungserscheinungen auf, er konnte nicht mehr gehen. Ab Ostern 1944 ließ er sich - trotz der Verschlechterung seines Zustandes - mit dem Krankenwagen zur Schule und Kirche fahren. Im Januar 1945 hielt er noch eine Dekanatstagung für die Jugend und bereitete die Wiederbelebung des Kolping-Vereins vor.
Dann aber zog er sich von der Seelsorge zurück, aber keineswegs von geistiger Mitarbeit für Pfarrei und Gemeinde. Vom Krankenbett aus unternahm er bedeutende Schritte zur Förderung des Mitterfelser Wasserleitungsbaus, half er in der schwersten Zeit Armen und Flüchtlingen.
Er war nicht der erste in Mitterfels, der sich um Heimatgeschichte kümmerte, aber er tat es auf eine ganz moderne Art, fast ist man geneigt, zu sagen: Es schwebte ihm ein „Arbeitskreis Heimatgeschichte" vor, dessen Zielsetzung die Herausgabe eines „Mitterfelser Heimatbuches" sein sollte. Als Vorarbeiten dazu sah er die „Mitterfelser Heimatbüchlein", Nr. 1 hatte den Titel „Mitterfels, das bayerische Jerusalem", Nr. 2 befasste sich mit „Mitterfelser Sagen und Geschichten" und Nr. 3 sollte „Interessante Persönlichkeiten und Begebnisse aus der Gemeinde Mitterfels" beschreiben. Doch zu Nr. 3 kam es nicht mehr.
Er bat in den Heften um Anregungen und Mitarbeit. Wörtlich: „Wer will ein Teilgebiet (des angedachten Heimatbuches), eine Nummer 'Heimatbüchlein' bearbeiten? Wer kann in einem .... Teilgebiete etwas beitragen? Wer hilft mit?" Noch bevor das Heimatbuch realisiert werden konnte, siedelte er, 1950, nach Regensburg über und wurde Offiziator bei Hl. Kreuz in Regensburg. Sein „Apostolat, das ihm dort - von seinem Zimmer, seinem Krankenbett aus - blieb" war die katholische Pressearbeit, in ständiger Verbindung mit verschiedenen Redaktionen. 1969 verstarb Dr. Josef Rußwurm.
Quelle: Franz Tosch, in: Mitterfelser Magazin 10/2004, Seite 168