GS Mitterfels-Haselbach. Damit Schreiben wieder Spaß macht

2025 06 04 Schreibmotorikschule

Ein Bub macht seine Schreibschriftübungen. Immer weniger Kinder können schmerzfrei schreiben. Fotos: Verena Lehner – Vergrößern durch Anklicken!

Die Grundschule Mitterfels-Haselbach lässt sich zur ersten Schreibmotorikschule im Landkreis zertifizieren.

Was das heißt und warum das im digitalen Zeitalter so wichtig ist.

Hausaufgaben, Aufsätze, Prüfungen oder der heimliche Ratsch-Zettel für den Banknachbarn: In der Schule gibt es nach wie vor viel Handgeschriebenes. Allerdings zeigen aktuelle Studien: Immer mehr Kinder tun sich schwer, schnell und leserlich mit der Hand zu schreiben. Bei vielen hapert es an den motorischen Fähigkeiten. Eine Schule im Landkreis stellt sich dieser Entwicklung nun entgegen: Die Schule Mitterfels-Haselbach lässt sich als erste und bislang einzige Schule im Landkreis zur Schreibmotorikschule zertifizieren. Was genau es damit auf sich hat, und warum das gerade in Zeiten von E-Mails, Smartphones und Tablets so wichtig ist, haben wir uns von den Hauptinitiatorinnen dieses Projektes genauer erklären lassen.

Eine von ihnen ist Tatjana Steininger-Nelz. Sie ist seit 15 Jahren Grundschullehrerin und unterrichtet derzeit eine erste Klasse an der Grundschule Mitterfels-Haselbach. Gemeinsam mit Rektorin Marion Brandl hat sie das Projekt zur Zertifizierung als Schreibmotorikschule in die Wege geleitet und ist von der Notwendigkeit des Ganzen mehr als überzeugt. „Gerade bei den Grundschulkindern in der ersten und zweiten Klasse haben wir in den vergangenen Jahren bemerkt, wie die fein- und grobmotorischen Fähigkeiten nachgelassen haben, und dass sie sich immer schwerer tun, mit der Hand zu schreiben“, erzählt sie. Das mache sich bei den einfachsten Fingerübungen bemerkbar, aber auch im Sportunterricht. „Einen Ball richtig fangen oder über einen Balken balancieren, damit haben immer mehr Kinder Probleme.“ Marion Brandl bestätigt das. „Es sind wirklich die einfachsten Dinge, an denen es mittlerweile oft fehlt.“

Studien belegen: Kinder haben Schreibprobleme

Die Beobachtungen, die Marion Brandl und Tatjana Steininger-Nelz und auch weitere ihrer Kollegen gemacht haben, werden von vielen Studien belegt. Unter anderem von einer gemeinsamen Studie vom „Verband Bildung und Erziehung (VBE)“ und dem Schreibmotorik-Institut aus dem Jahr 2022, für die 850 Lehrkräfte befragt wurden. Diese „Studie über die Entwicklung, Probleme und Interventionen zum Thema Handschreiben“ (kurz: STEP 2022) besagt: Rund 51 Prozent der Buben und 30 Prozent der Mädchen hatten Probleme, eine gut lesbare und flüssige Handschrift zu entwickeln und 47 Prozent aller Schüler ab der fünften Klasse können nicht länger als 30 Minuten schreiben, ohne Schmerzen oder Ermüdungserscheinungen zu bekommen. Letzteres fällt auch Brandl und Steininger-Nelz mehr und mehr auf: Die Kinder würden häufig über Schmerzen beim Schreiben klagen. „Man merkt es ihnen an, wie sie oft ab dem Hals abwärts verkrampfen, weil sie einfach eine unentspannte Schreibhaltung haben“, sagt Steininger-Nelz. „Natürlich haben die dann keine Lust am Schreiben.“

Doch woher kommt diese Entwicklung? Brandl und Steininger-Nelz können hier nur Mutmaßungen anstellen. Natürlich spiele die zunehmende Digitalisierung eine Rolle, aber auch die mangelnde Zeit, die Familien mittlerweile hätten. Mit den Kindern rausgehen, kleine, motorische Übungen mit ihnen machen, all das sei für Eltern im schnelllebigen Arbeitsalltag oft nur noch schwer zu schaffen.

Das Schreiben per Hand fördert die Merkfähigkeit

Die Schule Mitterfels-Haselbach hat es sich nun zum Ziel gesetzt, den Kindern schreibmotorische Kompetenzen zu vermitteln, die ihnen vor allem eins ermöglichen: ein schmerzfreies und entspanntes Schreiben. Aber warum ist das auch im digitalen Zeitalter noch so wichtig? „Weil ich mir alles, was ich per Hand schreibe, einfach besser merken kann“, antwortet Steininger-Nelz. Das Schreiben per Hand fördere die kognitive Wahrnehmung ungemein. „Wir wollen uns vor der Digitalisierung nicht verschließen. Im Gegenteil.“ Aber man dürfe auch das andere nicht aus dem Blick verlieren.

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Tatjana Steininger-Nelz (l.) und Marion Brandl sind die Hauptinitiatorinnen des Projektes „Schreibmotorikschule“. Vor ihnen auf dem Tisch liegen ein paar der dafür neu angeschafften Unterrichtsmaterialien.

Bereits seit Beginn des aktuellen Schuljahres läuft das Zertifizierungsprozedere. Lehrkräfte werden regelmäßig in Workshops geschult und es wurden bereits Materialien zur Schreibmotorik-Förderung bestellt. Darunter sind verschiedene Lernkarten, die fächerübergreifende Übungen enthalten. Denn dies ist laut Brandl mit das Wichtigste: dass sich die gezielte Förderung der Schreibmotorik nicht nur auf das Fach Deutsch beschränke, sondern auch im Sportunterricht, in Mathe, Musik oder Werken und Gestalten müsse sie Einzug halten. Dabei gehe es nicht darum, dass die Kinder schöner schreiben. „Wir wollen nicht zurück zum Schönschreibheft“, betont Steininger-Nelz. Die Kinder sollen einfach wieder Freude am Schreiben bekommen.

Verena Lehner/BOG Zeitung vom 4. Juni 2025 (Gen. durch Lokalredaktion)