Was die Haselbacher wollen

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Bürgermeister Simon Haas hofft auf möglichst viele Mitgestalter. Fotos: Gemeinde Haselbach – Vergrößern durch Anklicken!

Pilot-Projekt: Gemeinde bittet Bürger online um Ideen und Verbesserungsvorschläge

Ein Verkehrsspiegel an einer gefährlichen Einmündung? Ein Mehrzweck-Sportplatz auf einem brachen Grundstück? Ideen ihrer Bürger zur Gemeindeentwicklung ...

... sammelt derzeit die Gemeinde Haselbach. Bis Monatsmitte können alle Bürger ihre Vorschläge auf einer digitalen Karte eintragen. Mit der Umsetzung befassen sich anschließend Arbeitsgruppen.

„Ein Rastplatz mit Kiosk am Radlweg“ – „barrierefrei in die Bäckerei“, oder „ein zentraler Veranstaltungsort, der beheizbar, mit Sanitäreinrichtungen ausgestattet ist, über eine Küche verfügt und allen Vereinen zugutekommt.“

Was die Haselbacher wollen, erfährt Bürgermeister Simon Haas gerade in Echtzeit – ein Blick auf die Homepage seiner Gemeinde (haselbach-gemeinde.de) genügt. Dort hat Haas ein Online-Meinungsforum aufgelegt, in dem jeder Bürger seine Vorstellung von „Haselbach 2040“ eintippen kann. So lautet die Überschrift für das digitale „Jetzt red’ i“ auf kommunaler Ebene, das noch bis Monatsmitte läuft.Gut ein Dutzend Engagierter hat dort schon Anregungen hinterlassen. Alle Ideengeber bleiben anonym – ihre Vorschläge und Kritikpunkte können aber geliked und diskutiert werden. Wo bräuchte es eine Einkaufsmöglichkeit toll, wo ein Jugendtreff, Bürgersteig oder Zebrastreifen? „Da sind viele wertvolle Hinweise darunter,“ sagt der Bürgermeister, „aber gefühlsmäßig noch zu wenig.“ Besagtes Gefühl kommt aus persönlichen Gesprächen im Alltag: „Es gibt viele, die sich viele Gedanken über ihre Gemeinde machen – allerdings kommen die wenigsten Gedanken im Rathaus an.“

Premiere im Landkreis

Diesen Gedankenfluss ins Rathaus zu fördern, strukturieren und in Projekte umzusetzen, ist die Grundlage des Projekts für „Haselbach 2040“. „Gemeindeentwicklungskonzept“ lautet etwas sperrig die Überschrift für den kommunalpolitischen Leitfaden, dem Haselbach als erste Gemeinde im Landkreis folgen will.

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Bitte eintragen: In eine interaktive Karte der Gemeinde können die Bürger ihre Ideen platzieren - und anschließend auch darüber diskutieren. Der Ideengeber bleibt dabei anonym.

Die Ausgangsbasis für die Reise ist für Haselbach dabei ziemlich gut. Die in einer Verwaltungsgemeinschaft (VG) mit Mitterfels stehende Vorwaldgemeinde ist dank seiner Lage inmitten eines Landschaftsschutzgebiets mit Rad- und Wanderwegen ein beliebter Wohn- und Ausflugsort. Gut 1900 Bürger leben dort, dank Expansionsflächen zahlenmäßig mit steigender Tendenz.

Was die Haselbacher wollen, wurde erstmals bei der Auftaktveranstaltung des Projekts im September deutlich: Passenden Wohnraum für die alternde Bevölkerung beispielsweise, eine gute Nahversorgung, ÖPNV und sichere Verkehrswege in der von der Staatsstraße 2140 durchzogenen Gemeinde. Klar sei natürlich, sagt Bürgermeister Simon Haas, dass die Umsetzung vieler Anliegen nicht in Händen der Gemeinde liege. Was aber nicht bedeute, die Hände in den Schoß zu legen. Beispiel ÖPNV: „Darauf zu warten, dass der Landkreis, der Freistaat, oder jemand anders einen Nahverkehr auflegt, der uns von morgens bis abends in kurzen Takten nach Straubing oder in die Nachbargemeinden bringt, ist unrealistisch.“ Also sei man selbst aktiv geworden und habe in der VG einen Gemeindebus gekauft, der für Fahrten etwa zum Arzt oder Einkaufen eingesetzt werden soll.

Moderne Kommunalpolitik

Das Konzept spiegle seine Definition moderner Kommunalpolitik wieder, sagte Haas beim Projektauftakt im Saal des Gasthauses Häuslbeck. „Die Zeiten sind vorbei, in denen die Bürger einen Gemeinderat gewählt und einfach machen lassen haben.“ Dem Auftaktabend folgten Ortsspaziergänge, auf denen sich die To-do-Liste der Gemeinde weiter füllte und nun eben noch die digitale Mitbestimmung.

Die Online-Beteiligung ist dabei zweiteilig: Eine Umfrage, wie wohl sich die Haselbacher fühlen und was die Gemeinde tun oder lassen sollte, damit das so bleibt. Und dann kann jeder sein Haselbach 2040 interaktiv selber gestalten.

Ganz oben auf der Wunschliste stehen bisher neue Anlaufpunkte, egal ob für Kulturveranstaltungen oder Freizeitsport, für Jugendliche oder Senioren. Damit sich die Haselbacher in Zukunft öfter ganz real treffen könnten – was sicher auch im Sinne des Onlineprojekts wäre. 

Das Kraft-Konzept

Ein Gemeindeentwicklungskonzept steuert die zukünftige Weiterentwicklung der Gemeinde.

Basis ist ein Leitfaden, anhand dessen die Zukunftsplanung des gesamten Ortes zeitlich und inhaltlich priorisiert wird.

Vorab wird ein Stärken und Schwächen-Profil der Gemeinde erstellt, um die gewünschten und erforderlichen Maßnahmen zu setzen. Ziel eines Gemeindeentwicklungskonzeptes ist es, Projekte auszubauen und die Fördermittel dafür auszuloten und zu generieren.

Die Konzeptentwicklung wird vom Amt für Ländliche Entwicklung gefördert. Die Behörde beteiligt sich in Haselbach mit 50.000 Euro an den voraussichtlichen Kosten in Höhe von 70.000 Euro.

Die Integration der Bürger in den Planungsprozess ist eine elementare Säule in diesem Prozess. Sie soll das soziale Miteinander und die Identifikation mit der Gemeinde stärken. Außerdem sollen damit bei den Bürgern vorhandene Ideen und Fachkenntnisse der Gemeindeentwicklung zugutekommen. Diese Strategie soll letztlich den gesamten ländlichen Raum nachhaltig verbessern.

Roman Hiendlmaier/BOG Zeitung vom 6. Januar 2023 (mit Gen. der Lokalredaktion)