„Geschichte darf nicht in Vergessenheit geraten“

2024 02 23 Vorsto fuer Nachlass Depot

Helmut Erwert (links) und Hans Neueder, ehemaliger Kreisheimatpfleger, sind beide Träger der Josef-Schlicht-Medaille und wünschen sich ein Nachlass-Depot im Landkreis für ihre Publikationen. Foto: Sonja Hauenstein – Vergrößern durch Anklicken!

Erneuter Vorstoß für ein Nachlass-Depot – „Der Landkreis muss das wollen“

Hans Neueder, ehemaliger Kreisheimatpfleger, und Helmut Erwert sind in der Region bekannt für ihr historisches Wissen und ihre kritische Geschichtsforschung.

Beide sind Buchautoren und Träger der Josef-Schlicht-Medaille. Aber beide sind auch nicht mehr die Jüngsten: Mit 82, Neueder, und 90 Jahren, Erwert, wagen die beiden noch einmal einen Vorstoß in Sachen zentrales Nachlass-Depot im Landkreis.

„Dies wird altersbedingt mein letzter Versuch sein, unsere Vorstellungen zu verwirklichen“, sagt Helmut Erwert. Um was geht es: Seit Jahren bemühen sich die beiden intensiv um eine zentrale Archivierung und digitale Registratur von historisch bedeutsamen Quellen und Schriftstücken von Schriftkulturschaffenden des Landkreises Straubing-Bogen.

Depot für Publikationen und Unterlagen

Die Josef-Schlicht-Medaille wird vom Landkreis verliehen für die „Würdigung besonders herausragender Verdienste um Heimat, Kultur, Brauchtum und Geschichte“. Neben Erwert und Neueder sind zum Beispiel auch Karl Bauer aus Mariaposching und Hans Agsteiner aus Steinach Medaillenträger. Sie alle wünschen sich ein Nachlass-Depot für Publikationen und Unterlagen, die von historischer Bedeutung für die Region sind. „Bisher gibt es so etwas nicht“, so Erwert.

„Lieber billig gelagert im Keller als teuer im Zentralarchiv“ titelte 2019 unsere Zeitung, als der Wunsch nach einem Kreisarchiv im ehemaligen Kloster Oberalteich vor allem aus finanziellen Gründen abgelehnt wurde.

Bisher sei es so, dass Sammlungen und Publikationen von regionalen Historikern nirgends behördlich regional und zentral gelistet als Bücher oder Aufsätze zur Verfügung stehen, erklärt Erwert. Im besten Fall könne man sie einzeln und zerstreut in dem einen Gemeindearchiv da und dort in einem Bücherregal finden oder sie seien nirgends greifbar. „Im schlimmsten Fall landet nach unserem Ableben alles im Papiercontainer“, gipfelt Erwert seine Befürchtungen.

Bei so viel Herzblut, Zeit, Geld und Mühe, wie sie in ihre Arbeit gesteckt haben, sei dies eine schreckliche Vorstellung. Die Zeit drängt, beide sind nicht mehr die Jüngsten und wollen nun noch einmal alle Hebel in Bewegung setzen, um wenn schon nicht ein zentrales Kreisarchiv, dann wenigstens ein Nachlass-Depot an einem zentralen Ort im Landkreis einzurichten. Die Geschichte der Region dürfe nicht in Vergessenheit geraten.

„Oberalteich – die Geschichte eines bedeutenden bayerischen Benediktinerklosters“ von Hans Neueder sowie „Feuersturm, Zigarettenwährung und Demokratie – Zeit des Umbruchs 1945 bis 1948 in der Stadt Straubing und in der Region Straubing-Bogen“ von Helmut Erwert sind nur zwei von vielen Buchtiteln und Veröffentlichungen der beiden, zwei auf akribischen, geschichtlichen Forschungen basierende Publikationen.

Lösung muss personell und finanziell stemmbar sein

Hätte der Landkreis ein Nachlass-Depot, würde auf diese Weise wertvolles heimatgeschichtliches Sammlungsgut auch künftigen Generationen bereitgestellt werden. „Das muss der Landkreis wollen und anstoßen“, betont Neueder. Andernfalls würde wertvolles Schriftkulturgut verlorengehen. „Sollte dieses Wissen nur verstreut in privaten Regalen stehen oder verlorengehen, wäre dies ein schwerer Verlust für die politische Bildung und das Wissen kommender Generationen“, so Erwert. Schriftkultur finde öffentlich viel zu wenig Beachtung. „Dabei würde ein Depot dem sich laufend verändernden Geschehen im Landkreis eine zeitübergreifende, stabile Identität verschaffen.“

Was sich die beiden Hauptinitiatoren nun wünschen, sind Gespräche, wie eine Lösung herbeigeführt werden kann, die finanziell und personell stemmbar ist. Ideen und Vorschläge haben sie viele, aber sie müssen auch gehört werden.

Landrat Josef Laumer: „Eine kleinere Lösung ist denkbar“

Auf Nachfrage bei Landrat Josef Laumer antwortet dieser dazu: „Es wurde 2015 von der Stadt Bogen zur Nutzung des Klosterareals in Oberalteich vorgeschlagen, dort ein zentrales Landkreisarchiv zu etablieren. Dabei ging es aber in erster Linie um ein zentrales Archiv für Gemeindeunterlagen. Dies wurde mehrere Jahre diskutiert und 2019 endgültig von einer Mehrheit der Landkreisgemeinden abgelehnt. Dies aus zwei Gründen: Der Hauptgrund waren die Kosten, die auf jede Gemeinde gemäß ihrer Einwohnergröße umgelegt worden wären. Der zweite Grund war auch, dass die Gemeinden eine entsprechende Notwendigkeit für eine Zentralisierung ihrer Unterlagen nicht sahen.

Seit 2022 wurde dann von den Schlicht-Medaillen-Trägern, beziehungsweise einem Teil davon, der Wunsch an uns herangetragen, ob nicht deren historische Schriften an einem zentralen Ort für die Nachwelt aufbewahrt werden könnten. Seitdem gibt es auch einen stetigen Austausch mit den entsprechenden Personen, die stets über den Stand der Dinge auf dem Laufenden gehalten werden. In Sachen Ort, Struktur, Personaleinsatz, Kostenaufwand und so weiter, müssen zahlreiche Fragen geklärt werden, da es eine entsprechende Stelle im Landratsamt nicht gibt. Die Schaffung von zusätzlichen Stellen oder Strukturen ist in der heutigen Zeit mit ihren, auch finanziellen, Herausforderungen sicherlich nicht das vorrangige Ziel der Kreisgremien und Gemeinden, die letztendlich über die Kreisumlage für diesen Aufwand aufkommen müssen. Deshalb werden Möglichkeiten gesucht, wie dies mit den bestehenden Strukturen umgesetzt werden könnte. Dabei geht es sicherlich eher in eine kleinere Lösung Richtung Depot und nicht in ein wissenschaftliches Dokumentationszentrum, auch mögliche dezentrale Alternativen müssen diskutiert werden. Wir arbeiten daran, da wir als Landkreis auch eine Verantwortung gegenüber den Nachlässen unserer hochgeschätzten Schlicht-Medaillen-Träger und ihrer Arbeit sehen. Spruchreif ist derzeit aber noch nichts. Jedoch sind bereits weitere Gesprächstermine vereinbart worden.“  

Sonja Hauenstein/BOG Zeitung vom 23. Februar 2024 (Gen. der Lokalredaktion)