„Stop-Look-Go-Taste“: Halte inne, schau hin und handle!

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Erntedankschmuck des OGV in der Haselbacher Pfarrkirche (Foto: ft) - Vergrößern durch Anklicken!

Predigt zum Erntedankfest - P. Dominik Daschner OPraem

Jetzt ist wieder die Zeit, in der man sich mit Kalendern für das neue Jahr eindeckt. In unserem Windberger Klosterladen habe ich dazu ein sehr schönes Exemplar gesehen:


Ein Kalender, der zum täglichen Erntedank einlädt


Neben der Datumsanzeige findet sich jeweils ein schönes Foto, dazu ein passender Spruch und dazu die Heiligen dieses Tages, wer an diesem Tag also Namenstag hat. Und daneben stehen immer gleichsam zwei Arbeitsaufträge für den Tag. Der erste: Was ich mir für heute vornehme. Und darunter: Wofür ich heute dankbar bin.

Auf diese Weise lädt der Kalender zum täglichen Erntedank ein. Und das beginnt schon in der Früh mit der Dankbarkeit, gesund aufzustehen, mit den Augen sehen zu können, das Frühstück zu genießen und manch anderem im Verlauf des Tages. Wofür also bin ich heute dankbar? Wofür kann ich an diesem Erntedank­fest Danke sagen? Ja, was ist Dankbarkeit überhaupt?


Dankbarkeit – eine Herzenseinstellung gegenüber dem Leben


Als kleines Kind lernen wir es als eines der ersten Worte: das Danke-sagen. Wir bedanken uns, wenn wir etwas geschenkt bekommen. Aber Dankbarkeit ist nicht so sehr etwas Anerzogenes, äußerlich Dahergesagtes. Es ist eine Herzenseinstellung, eine innere Haltung gegenüber dem Leben insgesamt. Dankbarkeit, das ist die Achtsamkeit gegenüber allen Dingen des Le­bens, die ich mit meinem inneren Auge wahrnehme.

Davon spricht die Lesung aus dem Brief an die Gemeinde in Kolossä. Da schreibt der Verfasser: „Seid dankbar!“ - Und er untermauert das mit vielen lebensnahen Beispielen: Güte, Erbarmen und Demut, Milde, Geduld und Vergebung, dazu als Krone von allem: die Liebe. All das, wenn ich solches erleben darf, sind Gründe zur Dankbarkeit.


Jeder Augenblick bietet Gelegenheit danbar zu sein


So bietet eigentlich jeder Augenblick die Gelegenheit zur Dankbarkeit. Wenn ich in der Früh die Augen aufmache und sehen kann, was mich umgibt. Wenn ich spüre, dass ich lebe, mich an einem guten Essen freue und es nicht neben anderen Tätigkeiten hinunterschlinge. Jeder Augenblick ist einzigartig, ich muss ihn nur wahrnehmen. Und auch Krisenzeiten, wie wir sie derzeit erleben – mit Corona, dem Klimawandel und seinen fatalen Auswirkungen, dem Krieg in der Ukraine und seinen Folgen für die Weltwirtschaft: die Sorge, wie wir warm durch den Winter kommen, die stark gestiegenen Preise für Lebensmittel und Energie – auch solche Krisenzeiten können uns daran erinnern, was uns trotz allem Herausfordernden doch an Gutem geschenkt ist.


„Stop-Look-Go-Taste“: Halte inne, schau hin und handle!


Damit wir uns an das Gute, das uns widerfährt, immer wieder erinnern, dass wir es nicht achtlos übersehen, dafür gibt es eine ganz einfache innere Gedächtnisstütze. Ähnlich wie moderne Autos, die über eine Stop-and-Go-Funktion verfügen. Beim Anhalten schaltet sich der Motor automa­tisch ab, beim Anfahren startet er von selbst wieder. Zur Übung der Dankbarkeit gibt es gleich­sam eine solche innere Taste im Herzen. Man könnte sie die Stop-Look-Go-Taste nennen; also eine Taste, die mir zuruft: Halte inne, schau hin und handle! Diese Taste habe ich bei David Steindl-Rast gefun­den, einem bekannten Lehrer der Spiritualität, in seinen Ausführungen zur Dankbarkeit.


Innehalten – Erlebtes wertschätzen


Wir Menschen müssen manchmal innehalten. Bisweilen - wie in den momentanen Krisenzeiten - werden wir auch von außen dazu gezwungen. Wir müssen innehalten, sonst hasten wir von Augenblick zu Augenblick, ohne das Erlebte wertgeschätzt zu haben. Im Innehalten können wir bewusst hinschauen, was das Leben so bietet, was mich wirklich trägt und nährt, was mir letzt­lich geschenkt und alles andere als selbstverständlich ist. Schon ein einzelner Augenblick hält oft so viel Staunenswertes bereit: ein wärmender Sonnenstrahl, eine herrliche Blume, ein Lächeln, eine Berührung, ein aufbauendes Wort und anderes mehr. Aus dem Innehalten und bewussten Wahrnehmen heraus können wir dann handeln und den nächsten Schritt setzen. Stop - Look und Go - eine gute Übung für den Alltag.


… konkretes Beispiel im heutigen Evangelium


Das heutige Evangelium bricht das auf eine konkrete Erfahrung herunter. Da werden zehn Aussätzige von ihrer schrecklichen Krankheit geheilt. Ihnen allen widerfährt das gleiche Schick­sal der Krankheit und dann der Heilung durch Jesus. Aber nur einer von ihnen drückt danach diese geistige Stop-Taste. Er blieb stehen und kehrte um, so heißt es im Evangelium. Warum? Weil er gleichsam die Look-Taste gedrückt hat. Weil er wahrnimmt, dass er geheilt ist und erkennt, was ihm damit durch Jesus geschenkt worden ist. Und dann folgt für ihn das Nächste; er drückt die Go-Taste. Aus dem Erfahrenen heraus handelt er: Er lobte Gott mit lauter Stimme, warf sich Jesus zu Füßen und dankte ihm.

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Erntedankschmuck des OGV in der Mitterfelser Pfarrkirche (Foto: ft) - Vergrößern durch Anklicken!

Danken ist hier eine Frucht der Achtsamkeit, ein Herzensbedürfnis. So kann Jesus sein Weitergehen noch bereichern, indem er ihm sagt: „Steh auf und geh, dein Glaube hat dir geholfen.“ Dein Glaube hat dir die Augen geöffnet, er hat dich geheilt und deine ganze menschliche Existenz erfasst. Letztlich ist das uns allen zugesprochen, wenn wir nicht gedankenlos über das hinweggehen, was uns im Leben immer wieder geschenkt wird, wenn wir uns in Dank und Bitte an Jesus halten.


Wofür bin ich – persönlich – heute dankbar?


So steht an diesem Erntedankfest in meinem Kalender die Frage: Wofür bin ich heute dankbar? Ich persönlich bin heute dankbar für vieles. Ich bin dankbar, dass ich bisher gut und gesund durch die Corona-Krise gekommen bin. Ich bin dankbar für viele herzliche und sozial gesinnte Menschen um mich herum. Ich bin dankbar für eine gute Ernte in meinem Garten – trotz der langen Dürre im Sommer. Ich bin dankbar für mein Leben und für das Geschenk des Glaubens, der mir immer wieder Kraft schenkt in den Herausforderungen des Alltags.

Wofür kann ich heute danken? Diese Frage möchte ich Ihnen an diesem Erntedanksonntag mit auf den Weg geben - für heute und für jeden Tag des Lebens. Und ich wünsche uns diese innere Herzenstaste mit ihren drei Stufen: Stop, Look und Go! Halte inne, schau hin und handle!