Kulturelles Leben
30 Jahre Kreismusikschule: „Die Begeisterung für Musik ist ungebrochen“
Die Kreismusikschule im alten Pfarrhof und der alten Schule in Mitterfels. Beide Gebäude wurden vor 30 Jahren von Grund auf saniert und bilden gemeinsam mit der Kirche Sankt Georg, der alten Linde und dem Brunnen ein wunderbares Ensemble in der Mitterfelser Burgstraße, wo gerade in den Sommermonaten Jung und Alt gerne verweilen. Foto: V. Lehner
Leiter Andreas Friedländer über Anfänge, Entwicklung und Charakter der Kreismusikschule
... und drei weiteren Berichten über 30 Jahre KMS (im pdf-Format)
Hier liegt Musik in der Luft
Wer durch den Ortskern von Mitterfels spaziert, kann sie oft hören, die kleinen Melodien und Töne, die aus dem alten Pfarrhof und der alten Schule klingen. Dann sitzen gerade wieder eifrige kleine und auch große Musikschüler an ihren Instrumenten beim Musikunterricht. Seit mittlerweile 30 Jahren bereichert die Kreismusikschule Straubing-Bogen nicht nur die Marktgemeinde Mitterfels, sondern den gesamten Landkreis. Viele Talente sind aus ihr hervorgegangen, es gab unzählige Konzerte und Veranstaltungen, kurzum: Sie ist aus dem kulturellen Leben des Landkreises nicht mehr wegzudenken. Zum 30-jährigen Bestehen der Kreismusikschule will die Landkreisredaktion einen kleinen Einblick in diese Institution geben. Wie waren die Anfänge? Welche Instrumente können erlernt werden? Welche Ensembles gibt es? Und was ist aus so manchem Musikschul-Talent geworden? Antworten darauf gibt es in der Serie „30 Jahre Kreismusikschule“, die in den kommenden Wochen in loser Folge erscheinen wird. Viel Spaß beim Lesen!
Interview mit Andreas Friedländer
Zwischen diesen Bildern liegen ziemlich genau 30 Jahre: Kreismusikschulleiter Andreas Friedländer im Jahr 1990 an seinem Schreibtisch, der sich damals noch im Landratsamt befand, und heute in seinem Büro in der Kreismusikschule in Mitterfels. Fotos: Archiv/Kreismusikschule
Wenn die Kreismusikschule in den kommenden Monaten ihr 30-jähriges Bestehen feiert, dann ist das noch für jemand anderen ein Jubiläum: Dann kann Andreas Friedländer auf 30 Jahre als Leiter dieser Einrichtung zurückblicken. Er war von Anfang an dabei, hat die Musikschule mitaufgebaut und zu dem gemacht, was sie heute ist. Im Interview erzählt er von den Anfangszeiten, von schönen und nicht so schönen Momenten und verrät, was die Kreismusikschule für ihn so besonders macht.
Herr Friedländer, 30 Jahre Kreismusikschule, das ist mehr als die Hälfte Ihres Lebens. Wie beschreiben Sie diese Zeit rückblickend?
Andreas Friedländer: Es war eine spannende, eine aufregende und eine sehr schöne Zeit mit vielen tollen Erlebnissen. Ich habe diese Stelle kurz nach meinem Studium bekommen und musste hier eine Musikschule komplett neu aufbauen. Es gab bei uns im Landkreis ja in der Hinsicht noch gar nichts.
Hatten Sie Angst, zu scheitern?
Friedländer: Du brauchst natürlich einen Plan und eine Strategie. Ich habe mich viel informiert bei anderen Musikschulen, beim Musikschulverband, dem unsere Kreismusikschule auch angehört, und noch bei vielen anderen Stellen. Trotzdem war mir schon immer bewusst, dass das Ganze auch schiefgehen könnte. Aber ich wollte die Herausforderung annehmen und das Risiko auf mich nehmen.
Wie man sieht, ist die Sache nicht schiefgegangen. Trotzdem mussten Sie vor allem in der Anfangszeit viel Überzeugungsarbeit leisten, oder?
Friedländer: Ich hatte Gott sei Dank das große Glück, immer Landräte als Chefs zu haben, die mir viel freie Hand gelassen haben. Allerdings hatte der Kreistag damals eine Musikschule aus der Taufe gehoben, ohne genau zu wissen, was eine solche Einrichtung für ein Spektrum hat und was sie leisten kann. Im Kreistag und auch unter Bürgermeistern und Gemeinderäten gab es viele Freunde dieser neuen Kreismusikschule. Aber es gab auch etliche Skeptiker.
Mittlerweile sind viele dieser Skeptiker zu Freunden und Förderern der Kreismusikschule geworden. Wie haben Sie das geschafft?
Friedländer: Na ja, das Ganze war natürlich ein längerer Prozess. Wir sprechen hier von Jahren. Wir mussten mit Taten überzeugen. Aber als die Verantwortlichen gesehen haben, wie gut sich die Kreismusikschule entwickelt und dass sie angenommen wird, wurde es langsam leichter für uns.
Aber es kamen auch zwischendurch wieder schwere Phasen.
Friedländer: Ja. Leider fällt eine Kreismusikschule in den Non-Profit-Sektor. Manche Politiker sehen das als freiwillige Aufgabe, manche sprechen aber auch von einer freiwilligen Pflichtaufgabe. Aber sobald finanzielle Engpässe auftreten, kommen diese freiwilligen Leistungen auf den Prüfstand. Solche Engpässe gab es auch mal im Landkreis. Es wurden dann mit mir Wege erörtert, wie man die Kreismusikschule kostengünstiger führen könnte. Manche Ideen waren aber aus meiner Sicht überhaupt nicht geeignet.
Wie ging es dann weiter?
Friedländer: Ich hatte eine gewagte Idee. Ich habe meinem Lehrerkollegium vorgeschlagen, dass wir alle eine Stunde mehr unterrichten, aber komplett ohne Bezahlung. Das Kollegium hat das einstimmig mitgemacht. Dass da alle meine 26 Kollegen über mehrere Jahre so mitgezogen haben, war wirklich etwas Besonderes. Aber wir hatten mit dieser Strategie Erfolg. Dieses Engagement ist bei Politikern und auch beim Landrat gut angekommen. So konnten wir andere Maßnahmen verhindern, die der Idee und dem Aufbau der Musikschule vielleicht geschadet hätten.
Jetzt, 30 Jahre später, gilt sie als Aushängeschild des Landkreises. Ist die Musikschule angekommen?
Friedländer: Ja, ich denke, das kann man so sagen. Die Kreismusikschule hat sich etabliert. Das sieht man auch daran, dass wir mittlerweile ein gern gesehener Partner von anderen Bildungseinrichtungen, wie zum Beispiel den beiden Landkreisgymnasien oder auch dem Straubinger Anton-Bruckner-Gymnasium, sind. Die Musikschule hat sich aus eigener Kraft zu dem entwickelt, was sie jetzt ist.
Was war für Sie als Musikschulleiter und auch als Musiker ein persönlicher Höhepunkt in den vergangenen 30 Jahren?
Friedländer: Ehrlich gesagt, kann ich das gar nicht beantworten. Es gab so viele Höhepunkte und schöne Momente. Jede Entwicklungsphase hat ihre eigenen Meilensteine. Aber allgemein ist es bei mir nach wie vor so, dass es mich sehr freut, wenn etwas gut geklappt hat, egal ob ein Konzert oder ein Vorspielabend, außergewöhnliche Projekte und besondere Veranstaltungen. Das motiviert mich dann, immer wieder was Neues anzupacken.
Dann vielleicht anders gefragt: Worauf sind Sie besonders stolz?
Friedländer: Darauf, dass die Kreismusikschule sich so gut entwickelt hat und so ist, wie sie ist. Sie genießt bei Politikern, Schülern und Eltern einen guten Ruf und ich habe mit meinen Lehrern ein super Team, das an einem Strang zieht.
Wenn Sie sagen, weil sie so ist wie sie ist. Was macht die Kreismusikschule aus?
Friedländer: Sie ist insofern etwas Besonderes, weil sie Teil eines großen Ganzen ist. Wir sind flächenmäßig ein großer Landkreis, haben nicht in jedem Ort eine Zweigstelle und die Schüler müssen teils längere Wege auf sich nehmen, um zum Unterricht zu kommen. Auch unsere Lehrkräfte haben viel Zeitaufwand zwischen den einzelnen Zweigstellen zu bewältigen. Und trotz dieser Umstände können unsere Schüler in vielen verschiedenen Ensembles, die über den Landkreis verteilt sind, gemeinsam musizieren. Deshalb arbeiten wir auch mit Gesangs- und Musikvereinen zusammen, um wirklich jedem diese Möglichkeit zu geben.
Die Kreismusikschule ist rund 20 Jahre vor Erscheinen des ersten Apple iPhone gegründet worden. Ist es in Zeiten von iPad, Smartphone, Tablet und Co. schwerer geworden, junge Menschen für ein Musikinstrument zu begeistern?
Friedländer: Nein, die Begeisterung für Musik ist bei Kindern und Jugendlichen ungebrochen. Man darf die digitalen Möglichkeiten auch nicht verpönen. Das haben wir gerade in der Corona-Krise gesehen, in der wir via Tablet und Smartphone den Unterricht aufrechterhalten konnten. Ich sehe das digitale Angebot als Ergänzung zum normalen Unterricht.
Was macht die Musik oder das Erlernen eines Instrumentes mit einem jungen Menschen?
Friedländer: Musikerziehung soll zu allererst die Freude der Kinder an Musik fördern, die Freude am Schönen, am Spiel, am kreativen Selbsterleben. Auch auf die positiven Nebenwirkungen der Musikerziehung, die sogenannten Transfereffekte, möchte ich gerne hinweisen, besonders weil sie tatsächlich nachgewiesen sind. Beide Hirnhälften werden gefordert und man braucht Disziplin und Durchhaltevermögen, um ein Instrument zu erlernen. Das formt den Charakter. Ich erwarte im Endeffekt von meinem siebenjährigen Musikschüler das, was man auch von einem Studenten erwartet.
Was meinen Sie damit?
Friedländer: Das Kind muss so strukturiert sein, dass es das, was es bis zur nächsten Musikstunde können soll, auch kann. Heißt: zehn bis 20 Minuten pro Tag üben. Es braucht dazu Durchhaltevermögen und es muss sich selber motivieren, wenn es auch mal keine Lust hat. Selbstverständlich sind Musiklehrer und Eltern in ständigem Kontakt, und so kann man gemeinsam eine schwierige Phase meistern.
Was wünschen Sie sich für die Zukunft Ihrer Musikschule?
Friedländer: Dass im besten Fall jedes Kind, und ebenso Erwachsene und Senioren, sich an der Kreismusikschule anmelden und ihr Wunsch-Instrument lernen können. An diesem Gedanken muss man weiter dranbleiben. Dafür müssen wir die Grundlage schaffen, und zwar jeder an seiner Stelle.
... Stefan Frank und andere Schüler der KMS - Bog Zeitung vom 14.08.2020
... miteinander musizieren - Bog Zeitung vom 22.08.2020
... Wissenswertes rund um die Kreismusikschule - Bog Zeitung vom 29.08.2020
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