12 Professoren der Technischen Universität München haben einen Appell des Vereins „Bund Bairische Sprache“ unterschrieben, . . .
. . . der zum selbstbewussten Gebrauch des bairischen Dialekts im Alltag ermuntert.
Motiviert ist der Aufruf durch eine Aussage des Sprachwissenschaftlers Anthony Rowley in der BR-Sendung Capriccio im Februar letzten Jahres: „Wenn eine Sprache stirbt, dann wird die Sprache nicht gemeuchelt, sondern die Sprecher verzichten auf die Sprache.“
Die Unterzeichner treten dafür ein, die Heimat mit der Welt zu verbinden. Das Bekenntnis zu den eigenen Wurzeln und der eigenen Sprache erlaube eine selbstbewusste Öffnung zu anderen Kulturen. Also ist der Aufruf nicht rückwärtsgewandt. Die Empfehlung zum situationsangemessenen Gebrauch der Heimatsprache widerspricht nicht dem Konzept der Mehrsprachigkeit, und widerspricht auch nicht der Englischsprachigkeit in der wissenschaftlichen Lehre und Forschung einer Spitzenuniversität. Im Appell heißt es, dass die Mehrsprachigkeit im 21. Jahrhundert zur Normalität werde; die Dialekte seien dabei als „Elemente der Buntheit in einer ästhetisch oft eintönig zu werden drohenden Welt eine kulturelle Notwendigkeit“, und bairisch zu sprechen stehe einer „modernen und weltoffenen Lebenskonzeption“ nicht entgegen. Mundarten stehen für die „Verwurzelung in der heimatlichen Kultur und Geschichte“.
Unterzeichnet wurde der Aufruf von Mitgliedern des Hochschulpräsidiums der Technischen Universität München mit dem Präsidenten Prof. Dr. Wolfgang A. Herrmann an der Spitze und weiteren international renommierten Professoren der Technischen Universität München.
Appell zum Tag der Muttersprache
Das Überleben der bairischen Sprache mit ihren vielen lokalen Ausprägungen zwischen Fichtelgebirge und Dolomiten, zwischen Lech und Wiener Wald, dieses 1500 Jahre alte Kulturgut, das gemeinsam mit dem Alemannischen die frühesten Zeugnisse der deutschen Literaturgeschichte hervorgebracht hat, ist gefährdet. In München ist es in der mittleren und jüngeren Generation bereits ausgestorben, und in den urbanen Mittelzentren bis in die ländlichen Räume droht die gleiche Entwicklung.
Der Sprachwissenschaftler Anthony Rowley führte zur Frage nach den Überlebenschancen des Bairischen aus: „Wenn eine Sprache stirbt, dann wird die Sprache nicht gemeuchelt, sondern die Sprecher verzichten auf die Sprache.“ (Capriccio, 2.2.2017)
Bairisch zu sprechen steht einer modernen und weltoffenen Lebenskonzeption in keiner Weise entgegen. Der bairische Dialekt steht für die Verwurzelung in der heimatlichen Kultur und Geschichte, die südhochdeutsche Standardsprache garantiert mündliche und schriftliche Verständigung im gesamten deutschen Sprachraum, ohne die eigene sprachliche Herkunft verleugnen zu müssen.
Sich zum Bairischen zu bekennen heißt zu seinen Wurzeln zu stehen. Wer seine Wurzeln kennt und zu ihnen steht, öffnet sich selbstbewusst anderen Kulturen und verbindet die Heimat mit der Welt. Nur wer in der eigenen Kultur verwurzelt ist, kann andere Kulturen wirklich wertschätzen.
Englisch und weitere Fremdsprachen ermöglichen es, im internationalen Maßstab zu kommunizieren.
Mehrsprachigkeit wird im 21. Jahrhundert zur Normalität werden. Dialekte sind dabei als Elemente der Buntheit in einer ästhetisch oft eintönig zu werden drohenden Welt eine kulturelle Notwendigkeit und Bereicherung. Wir an der Technischen Universität München bekennen uns zum Bairischen. Gleichzeitig unterrichten wir unsere Studierenden auf Englisch, um sie auf die Welt vorzubereiten. Unsere internationalen Studierenden lehren wir Deutsch, um ihnen unsere Kultur, Kunst und Wissenschaft nahe zu bringen. So verbinden wir unsere Heimat mit der Welt. Das bedeutet wahre Internationalität.
Die Unterzeichnenden appellieren an die Sprecher des Bairischen, das Überleben ihrer Muttersprache zu sichern, indem sie im privaten und beruflichen Alltag selbstbewusst Dialekt sprechen und von den vielfältigen Möglichkeiten Gebrauch machen, die sich denen bieten, die gleichermaßen über dialektale, standardsprachliche und Fremdsprachenkompetenz verfügen.
Prof. Dr. Wolfgang A. Herrmann, Präsident der Technischen Universität München
Albert Berger, Kanzler der Technischen Universität München
Prof. Dr.-Ing. Gerhard Müller, Geschäftsführender Vizepräsident für Studium und Lehre
Dr. Hans Pongratz, Geschäftsführender Vizepräsident für IT-Systeme & Dienstleistungen
Prof. Dr. Gerhard Abstreiter, Lehrstuhl Experimentelle Halbleiterphysik, TUM Emeritus of Excellence
Prof. Dr. Hans-Joachim Bungartz, Dekan der Fakultät für Informatik, TUM Graduate Dean
Prof. Dr. Thomas Herzog, Fakultät für Architektur, TUM Emeritus of Excellence
Prof. Hermann Kaufmann, Lehrstuhl für Entwerfen und Holzbau
Prof. Dr. Reinhard Kienberger, Lehrstuhl für Laser- und Röntgenphysik
Prof. Dr. Ingrid Kögel-Knabner, Lehrstuhl für Bodenkunde
Prof. Dr. Ernst Rank, Lehrstuhl für Computation in Engineering – Bauinformatik, Direktor des TUM Institute for Advanced Study (IAS)
Prof. Dr.-Ing. Reinhard Rummel Lehrstuhl für Astronomische und Physikalische Geodäsie, TUM Emeritus of Excellence
Prof. Dr. Markus Schwaiger; Ärztlicher Direktor, Klinikum rechts der Isar
Prof. Dr. Wolfgang Utschick, Dekan der Fakultät für Elektrotechnik und Informationstechnik
Quelle: Sepp Obermeier