Osterbotschaft "Jesus lebt - mit ihm auch ich" - nur "Fake - News"?

Ostern2017

 

Oster-Predigt in der Pfarreiengemeinschaft Mitterfels-Haselbach - gehalten von P. Dominik Daschner OPraem

Wir leben in postfaktischen Zeiten, wo gefühlte Wahrheiten mehr zählen als belastbare Beweise. Die deutsche Gesellschaft für Sprache hat „postfaktisch“ zum Wort des Jah­res 2016 gekürt. In dieser gesellschaftlichen Großwetterlage, in der sich Behauptungen an­scheinend nicht mehr an belegbaren Fakten messen lassen brauchen, da müsste es der Glaube an die Auferstehung eigentlich leicht haben, wo doch gerne gesagt wird: Glauben heiße eben nicht wissen. Doch bei der Osterbotschaft, da bleiben viele Menschen kritisch.


„Jesus lebt, mit ihm auch ich“ – sind das alles nicht doch nur Fake-News?


Die Botschaft von der Auf­erstehung, die Nachricht vom leeren Grab, dass der Gekreuzigte lebt und den Aposteln sowie einigen Frauen aus seinem Jüngerkreis mehrfach erschienen sei, unser Osterjubel, unsere Auferstehungslieder mit dem trotzig-triumphierenden „Jesus lebt, mit ihm auch ich“ – sind das alles nicht doch nur Fake-News? Die Osterbotschaft, liebe Schwestern und Brüder, ist und bleibt eine Zumutung für unseren nüchternen Realismus, mit dem wir gewohnt sind, die Welt zu betrachten. Tot ist tot, mit dem letzten Atemzug aus und vorbei. Es ist noch keiner zurück­gekommen. Das weiß doch jeder!


Geben wir es ruhig zu: Wir tun uns schwer mit dem Auferstehungsglauben.


Geben wir es ruhig zu: Wir tun uns schwer mit dem Auferstehungsglauben. Selbst viele Christen sind in puncto Auferstehung eher skeptisch. Dabei ist die Osterbotschaft doch die Mitte unseres christlichen Glaubens, Ostern deshalb unser höchster christlicher Feiertag. „Ist Christus nicht auferweckt worden, dann ist unsere Verkündigung leer und euer Glaube sinn­los“, so bringt es der Apostel Paulus in seinem Brief an die Korinther auf den Punkt. „Der Auferstehungsglaube ist der Nagel, an dem alle anderen Sätze des Credo hängen“, schreibt der Theologe Theodor Schneider, „er ist die Klammer, die alles zusammenhält.“ Wenn dem so ist, dann ist der Osterglaube so etwas wie die Nagelprobe unseres Christ-seins. Aber seien wir ehrlich: Würden alle Christen, würden wir alle, die wir heute hier Ostern feiern, diese Na­gelprobe bestehen?


Ohne Glauben an die Auferstehung ist die Mitte dieses Glaubens weggebrochen.


Wenn wir die Auferstehung nicht mehr in lebendigem Glauben bekennen, dann ist die Mitte dieses Glaubens weggebrochen, und alles andere an ihm wird sinnlos und leer. Viele Men­schen sehen zwar das viele Gute im Leben des Jesus von Nazareth, sie bewundern seine Menschlichkeit, seine ermutigenden Worte, seine wunderbaren Taten, seine große Liebe zu Gott und den Menschen – aber Auferstehung? Nein, das widerspricht doch jeglicher Erfah­rung. Die Botschaft hör‘ ich wohl, allein mir fehlt der Glaube.

Manche retten sich in die Erklärung: Auferstehung, das heiße: Die Sache Jesu geht nach sei­nem Tod weiter durch seine Jünger und durch seine Anhänger, die sich von ihm und seiner Botschaft überzeugen haben lassen. Christus sei quasi in den Glauben der Jünger hinein auf­erstanden.

Aber ist das vorstellbar, dass die verängstigten Apostel, von denen einer Jesus verraten hat und die anderen sich schnell aus dem Staub gemacht haben, dass die auf einmal zu glühenden Verkündern des Glaubens geworden sind, wenn ihnen nicht tatsächlich der Auferstandene begegnet wäre, wenn sie ihn nicht als den Lebendigen erlebt hätten? Und wären die Frauen am leeren Grab wirklich überzeugt gewesen, wenn ihnen Christus nicht selbst als Auferstan­dener erschienen wäre? Das ist kaum vorstellbar.


Die Osterbotschaft - nicht das wunderliche Ergebnis psychologischer Trauerarbeit


Die Osterbotschaft lässt sich nicht erklären als bloße fromme Einbildung seiner Jünger. Schon gar nicht innerhalb so kurzer Zeit, innerhalb der die Überzeugung von der Auferstehung Jesu greifbar geworden ist. Sie ist nicht das wunderliche Ergebnis psychologischer Trauerarbeit, mit der sich die Apostel wie der Lügenbaron Münchhausen selbst aus dem Sumpf ihrer Ver­zweiflung gezogen hätten, indem sie die Osterbotschaft erfunden haben.

Und sie lässt sich auch nicht abtun als gezielter Trick, als bewusste, geschickte Täuschung durch die Apostel, indem sie den Leichnam Jesu heimlich hätten verschwinden lassen. Denn was hätten sie von all dem gehabt? Ihnen fliegen dadurch keineswegs die Herzen der Massen zu, und die Leute laufen ihnen bewundernd nach. Nein, mit ihrer Botschaft ernten sie rund­herum Unverständnis. Ihr Glaube an den Auferstandenen wirft ihr ganzes bisheriges Leben über den Haufen. Sie handeln sich damit Ausgrenzung, Verfolgung und schließlich das Mar­tyrium ein. Warum hätten sie das alles auf sich nehmen sollen, wenn ihnen nicht tatsächlich Jesus als Auferstandener begegnet wäre? Hinter der Botschaft von Tod und Auferstehung steht niemand, der selbst davon profitiert. Ostern war eine Zumutung auch für die Apostel selbst.


Streichen wir den "Auferstandenen" - bleibt nur purer Humanismus übrig


Die Auferstehung Jesu ist also keine Fata Morgana, kein Hirngespinst der Apostel, sondern Gottes ureigene Tat, mit der er sich als der Herr über Leben und Tod erwiesen hat. Wenn wir deshalb den Auferstehungsglauben aus unserem Bekenntnis streichen würden, dann berauben wir ihn seiner innersten Mitte. Dann reduzieren wir das Christentum auf Moral, dann bleibt nur purer Humanismus übrig: Wir sollen gut sein; wir sollen uns anständig verhalten, uns für andere einsetzen. Das ist natürlich aller Ehren wert und richtig für einen Christen, aber eben doch noch himmelweit entfernt vom christlichen Glauben.

Denn: Warum sollen wir dann gut sein? Nur weil ein guter Mann vor 2000 Jahren es ge­predigt hat? Das ist zu wenig; das überzeugt nicht. Es überzeugt erst, wenn derjenige der Sohn Gottes war, der unser ganzes Leben gelebt hat mit allen Höhen und Tiefen bis hin zum bit­tersten Schrei der Verlassenheit am Kreuz. Und weil er dieses menschliche Leben hinein­gehoben hat in die Auferstehung, in das ewige Leben. Die Botschaft Jesu hat nur dann ihren letzten und wahren Sinn, wenn sie in der Auferstehung von Gott selbst als wahr und gültig bestätigt worden ist.

Aber kann man das denn glauben, liebe Schwestern und Brüder? Ist das alles tatsächlich wahr? Die Hoffnung auf Auferstehung und neues Leben aus dem Tod widerspricht doch so gründlich allem Augenschein, dass man es niemandem verübeln darf oder gar auf ihn herab­sehen dürfte, wenn sich jemand dabei mit Zweifeln und Fragen herumschlägt und diesen Glauben für eine Zumutung hält.


Im Erleben dieser Welt gehen wir oft über das hinaus, was unsere Sinne wahrnehmen. Die Wirklichkeit ist immer schon mehr, als wir wiegen, messen, zählen und bezahlen können.


Aber, liebe Gemeinde, gehen wir in unserem Erleben und in der Deutung dieser Welt nicht auch sonst ständig über das hinaus, was mit unseren irdischen Augen wahrnehmbar ist, und lassen nicht nur das gelten, was sich wiegen, messen, zählen und bezahlen lässt? Wir über­schreiten doch oft und oft das Sichtbare und Messbare. Nur ein paar Beispiele. Wir sehen ein Gemälde, ein Meisterwerk der Kunst, und wissen: Das ist mehr als Öl auf Leinwand. Wir freuen uns am Klang einer Geige und wissen: Das ist mehr als Schallwellen, erzeugt von Pferdehaar auf Schweinedarm. Wir erfahren Liebe und wir wissen: Das ist mehr als das Endorphingewitter in unserem Gehirn, wenn die Hormone in unserem Inneren Purzelbäume schlagen.

Um diese Art von Wissen geht es auch bei unserem Osterglauben. Die Wirklichkeit ist immer schon mehr, als wir wiegen, messen, zählen und bezahlen können. Wahre Realisten rechnen mit mehr, hoffen auf mehr. Und geben uns nicht sogar die Naturwissenschaften, die mit ihren empirischen Methoden mit einem so nüchternen und rationalistischen Anstrich daherkommen und nur das gelten lassen, was sich wissenschaftlich nachweisen lässt, geben uns nicht selbst die eher einen Hinweis auf ein Weiterexistieren nach dem Tod, als dass sie es ausschließen?! Denn Biologie, Physik und Chemie lehren uns doch, dass alles, was existiert, nicht verloren geht; es wird nur in andere Stoffe oder neue Materie verwandelt. Sollte es da ausgerechnet mit unserer menschlichen Existenz anders sein? Oder ist es nicht doch vernünftig, anzunehmen, dass auch der Mensch im Tod verwandelt wird, hinein in eine neue Existenz? Und dass Gott diese Wahrheit in der Auferstehung Jesu für uns hat aufleuchten lassen?


Dass sich aus dem Urknall das Universum entwickelt hat und auf dem langen Weg der Evolution der Mensch daraus hervorgewachsen ist, ist doch eine Un­wahrscheinlichkeit von geradezu astronomischer Größenordnung!


Ostern, Auferstehung, neues Leben aus dem Tod - das mag auf dem Erfahrungshintergrund unserer irdischen Wirklichkeit unwahrscheinlich klingen, aber es ist nicht unwahrscheinli­cher als die Tatsache, dass es Sie und mich gibt; eine Wahrscheinlichkeit, die in beiden Fällen gegen Null geht. Denn wenn wir bedenken: Dass sich aus dem Urknall das Universum, unsere Milchstraße, unser Sonnensystem, unser blauer Planet Erde entwickelt haben; dass darauf Leben entstanden ist und auf dem langen Weg der Evolution der Mensch daraus hervorgewachsen ist; und dass unter all diesen Milliarden von Menschen seither Ihre oder meine Eltern zusammengefunden haben, aus deren Genen Ihr und mein einmaliges, unver­wechselbares und unwiederholbares Menschenleben entstanden ist, das ist doch eine Un­wahrscheinlichkeit von geradezu astronomischer Größenordnung! Und doch gibt es Sie und mich! Genauso real, wenn auch auf den ersten Blick vielleicht unwahrscheinlich, ist dieses neue Leben der Auferstehung.

Wenn uns Christen also jemand aus einem vermeintlichen Realismus heraus entgegenhält: Ostern, Auferstehung und neues Leben aus dem Tod - das ist doch nicht zu glauben! Dann dürfen wir ihm getrost und mit guten Gründen entgegnen: Nein, das sind keine Fake-News. Auch wenn wir es nicht messen und herzeigen können, auf eine andere Weise wissen wir dennoch, dass es wahr ist, dass dieses neue Leben der Auferstehung Wirklichkeit ist. Denn seit Jesu Auferstehung an Ostern haben wir dazu alternative Fakten.