Am 20. November 2000 ist Studiendirektor i. R. Max Lachner, der Verfasser der 1. Mitterfelser Chronik, 101-jährig in München gestorben. Lachner, am 18. April 1899 in Regensburg-Stadtamhof geboren, kam in den Wirren des 2. Weltkrieges nach Bogen, wirkte von 1948 - 1953 am Institut für Lehrerbildung in Straubing, wurde dann an das „Erasmus-Grasser-Gymnasium” in München berufen und blieb dort bis zu seiner Pensionierung 1969. Er widmete sich schon früh der Volkskunde und Heimatgeschichte. Als ihn Bürgermeister Uekermann bat, „800 Jahre Geschichte um Mitterfels” zu schreiben, da übernahm Lachner gerne diese umfangreiche Aufgabe, obwohl er um diese Zeit schon 15 Jahre in München wohnte. Diese erste Mitterfelser Chronik ist längst vergriffen, diente aber als Grundlage für die Neufassung von 1988.
Wir veröffentlichen hier zwei seiner heimatgeschichtlichen Aufsätze. (Redaktion MM)
Der Blutstuhl von Höfling
Westlich von Mitterfels senkt sich vom Moosmüller eine tiefe Geländefurche, wie eine grüne Backmulde, gegen Höfling zu. In ihrem Grunde brechen die vier Quellen aus, welche die Leute von Höfling seit je mit Wasser beliefern. Einige hundert Schritte aufwärts von diesem Quellgebiet steht ein Fallgatter, das in einen schmalen Streifen Weideland führt. Ein Kleeacker grenzte rechter Hand daran, als ich vor einigen Jahren mit dem Höflingbauern, Herrn Kartmann, dort herumstieg. Von diesem Gatter noch etwa zwanzig Meter aufwärts, gegen den Moosmüller zu, blieb der Bauer stehn.
Hier war sie, die einstige Mitterfelser Richtstätte. Der Bauer konnte sich noch wohl erinnern, dass hier einmal eine flache Mulde von gut vier Metern im Durchmesser war. Er selbst ließ sie zuschütten und auffüllen, da die Fahrzeuge - noch dazu im Hang - schwer über die Stelle wegkamen.
In dieser Mulde stand der Blutstuhl, der seit Jahrhunderten zu Hinrichtungen diente. Nach Art der Bauernmöbel war er mit bunten Blumen bemalt; doch nicht aus der menschlichen Freude an Farben. Das Grellrot der Blumen sollte vorbeugend das grässliche Blutgeschmier der Exekution verdecken und vertuschen. Runde feste Füße gingen in vierkantige über. So stand der derbe Stuhl im Höflinganwesen. Manchmal jahrelang, bis dann die Schergen des Mitterfelser Pflegeamts ihn holten und die wenigen hundert Schritte zur Blutmulde hinauftrugen, wo an solchen Tagen Tausende von Menschen, Kopf an Kopf, sich drängten zu dem blutigen Drama.
Wo heute nach rechts, gegen Süden, weite Felder sich ausdehnen, stand noch zu Zeiten des alten Höflingbauern, der 1918 starb, hoher Fichtenwald. Bis auf zwanzig Meter schob er sich an die Richtstätte heran, und die Bauernbuben der in der Nähe liegenden Höfe stiegen auf die Bäume am Waldrand, wenn sie über die dicht gedrängt stehenden Erwachsenen hinwegsehen und das Schauspiel miterleben wollten.
Zwölf Hinrichtungen sind in den Mitterfelser Pfarrbüchern eingetragen. Eine der erregensten war wohl die des Konzeller Schullehrers Dominikus Hahn, der seine Frau erwürgen ließ und dafür am 13. August 1847 an dieser Stelle mit dem Schwerte hingerichtet wurde.
Der Blutstuhl blieb im Höflinger- Anwesen, lange nachdem das Blutgericht in Mitterfels aufgehoben wurde. Als Niebler und Seefried nach dem Ersten Weltkrieg das Heimatmuseum des Landkreises einrichteten und überall nach Schaustücken fahndeten, schenkte der Höflingbauer den Marterstuhl nach Bogen. Von dort verschwand er nach 1945.
Von Schindern und Henkern [... mehr hier]
Erstveröffentlichung: Straubinger Tagblatt um 1953 - Mitterfelser Magazin 7/2001, Seite 19