Mitterfels vor 60 Jahren (1951 - 1953) - In alten Gemeindeboten geblättert

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1953

Standesamts-Statistik
Im „Gemeindeboten” (GB) Nr. 1 vom 3. Januar 1953 wird un­ter „Standesamt” registriert: 1500 Einwohner, 30 Ge­bur­ten, 16 Eheschließungen, 11 Todesfälle.     
Zum Vergleich die Zahlen von 2002: 2400 Einwohner (davon 115 im Seniorenheim), 29 Geburten, 45 Todesfälle (davon 24 im Seniorenheim).
Man beachte den Rückgang der Geburten bei gestiegener Einwohnerzahl!

Lob für vorbildliches Bürgerverhalten
In der gleichen Ausgabe wird Landrat Hafner zitiert, der im Neujahrsaufruf an die Kreisbevölkerung im Amtsblatt des Landkreises Bogen die Mitterfelser als Vorbild bezeichnet: ...„Was geleistet werden kann, wenn wir nur zusammenhalten und Vertrauen zueinander haben, haben erst kürz­lich die Bürger von Mitterfels wiederum aufgezeigt, die über 40.000 DM zur Verbesserung und Verschönerung der Orts­straßen gespendet haben. Hier gab jeder sein Schärf­­lein, sogar der Fürsorgeempfänger...”
Damit könne die Baumaßnahme von 150.000 DM durchgeführt werden und es könnten 100.000 DM an Zuschüssen erwartet werden, die den Opfersinn der Bürger belohnen. Der Landrat ist vom Opfersinn der Mitterfelser Bürger so beeindruckt, dass er eine persönliche Spende von 500 DM an die Gemeinde übermittelt und die zusätzliche Förde­rung durch den Landkreis verspricht.

 

Orstsstraßenbau
Wie ein roter Faden zieht sich der Ausbau der Ortsstraße (heute Burgstraße, Lindenstraße) durch fast alle Ausgaben des GB 1953. Nach dem Wasserleitungsbau 1949 ist dies die größte Baumaßnahme währen der Amtszeit von Bür­ger­meister Albert Dietl.
Wie sich bald herausstellen sollte, hatten durchaus nicht alle Gemeindebürger das Lob des Landrats verdient. In der Bürgerversammlung vom 12. November 1952 wurde zwar dem Ausbau der Dorfstraße einstimmig zugestimmt, aber die Unterschrift für den Beitrag der Umlagekosten hat­ten bis zum vorgesehenen Termin 15. Dezember 1952 durchaus nicht alle geleistet. Es sollte noch vieler Appelle des Bürger­meisters bedürfen, bis die „Ehrenliste” der Um­lagezahler im GB Nr. 47 am 21. November 1953 veröffent­licht werden konnte.
Am 28. Februar teilt der Bürgermeister mit, dass nach der Ausschreibung im „Bayer. Staatsanzeiger” etwa Ende April mit dem Baubeginn gerechnet werden könne. Um die noch vorhandene Finanzierungslücke von 20.000 DM zu schließen, richtet der Gemeinderat ein Gesuch an den Bezirk Niederbayern. Der Bezirksverbandsbeirat entscheidet zwar bei seiner Sitzung am 23. April, dass es für derlei Maßnahmen keinen Zuschuss gebe, in Anbetracht der Eigenleistung (Bürger-Umlage) bewilligt er jedoch einen Zuschuss von 10.000 DM. Für die restlichen 10.000 DM werde sich schließlich noch ein Weg finden...

„Beginnen wir's mit Gott!”
Im GB vom 1. Mai kann der Bürgermeister erleichtert mitteilen, dass am Montag, 3. Mai, mit den Baumaß­nah­men be­gon­nen werden kann. Mit dem Unterbau wird die Firma Wanninger, Cham, beauftragt, den Oberbau führt die Firma Sager & Woerner aus München aus. Die technische und ab­rechnungsmäßige Leitung obliegt Oberregierungsrat Tratz, der den Mitterfelsern vom Wasserleitungsbau 1949 bestens bekannt ist. „Wollen wir nun gemeinsam zusammenhelfen, um die sicherlich in reichem Maße auftretenden Schwie­rigkeiten zu überwinden. So wollen wir gemeinsam beginnen , - aber beginnen wir’s mit Gott!”,  bekräftigt abschlie­ßend der Bürgermeister.

Obstbäume und Zäune müssen weichen

Die ersten Schwierigkeiten stellen sich bereits bei der Pla­nung der Linienführung der Straße ein. Obstbäume, Garten­zäune und sogar ein ganzes Haus stehen der Linienführung der ausgebauten Straße entgegen, die den Erfordernissen der  nächsten Jahrzehnte gerecht werden soll. Da etliche Obst­bäume gefällt werden müssen, hofft Bürgermeister Dietl, dass diese Opfer freiwilig und ohne Entschädigung ge­bracht werden und er führt als gutes Beispiel den Baum­gartner-Vater an, der auf seinem Grundstück gegenüber der Bäckerei Käser gleich mehrere Bäume opfern musste und dies mit dem Satz kommentierte: „Was dem Straßenbau hinderlich ist, muss halt weg.”
Da auch viele Zäune durch die Verbreiterung der Straße ent­fernt werden müssen, ist die Gemeinde nach Fertig­stel­lung verpflichtet, diese wieder aufzustellen. Weil aber die alten und zum Teil rostigen und durchlöcherten Ma­schen­­­drahtzäune das neue Stra­ßenbild er­heb­lich beeinträchtigen wür­­­den, bittet der Bür­ger­meister, neues Zaun­ma­te­­rial zu stellen, die Auf­stel­lung des Zaunes wür­de die Gemeinde über­nehmen. Tak­tisch klug führt er dabei als löbliches Bei­spiel die Um­­zäunung beim An­wesen Dr. Müller an. Ob­wohl es sich hier um den größten „Wie­deraufbau” handle, habe sich Dr. Müller bereit erklärte, die Kosten für die Er­richtung des Zaunes der Gemeinde zu vergüten.

 

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Abb. links: Das größte Problem beim Ausbau der Dorfstraße war die Engstelle zwischen dem Wörgetterhaus und dem massiv ge­bauten Rent­amts­zaun (Haus Dr.  Müller). - Abb. rechts: Durch die Aufschüttungen lagen die Fenster beim Wörgetterhaus fast auf Straßenniveau. Am linken Bildrand das ehemalige Schulhaus.

 

Abriss des Wörgetterhauses
Die engste Stelle der alten Dorfstraße befand sich zwischen dem Wörgetterhaus und dem massiv gebauten Zaun des ehe­maligen Rentamtes (Haus Dr. Müller). Um diese Eng­stelle zu beseitigen, wird es bald klar, dass ein Abbruch dieses Hauses erforderlich ist. In demokratisch  vorbildlicher Wei­se berichtet Bürgermeister Dietl am 9. Mai im GB, dass  mit der Familie Wörgetter über den Abbruch des alten Hau­ses und die Zurückversetzung des Neubaues bereits verhandelt werde; es sei aber, entgegen den Gerüchten, noch nichts entschieden. Der Familie Wörgetter stehe natürlich ein entsprechender Entschädigungsbeitrag zu, dieser müs­se aber im Rahmen der finanziellen Möglichkeiten der Gemeinde liegen. Trotzdem kocht die Gerüchteküche weiter, die Ge­mein­de würde der Familie Wörgetter ein neues  Haus finanzieren. Deshalb wird im GB am 11. Juli die Ent­schä­di­gungssumme und die Kosten sowie die Vorschriften für den Neubau bekanntgegeben.

 

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Viele Dorfbewohner halfen beim Dachabdecken. Der Kiosk vom Peter Jakob wurde auf die andere Straßenseite verlegt. (Fotos: Franz Stolz - Archiv AK Heimatgeschichte Mitterfels)

 

Dachwasser, Hauseingänge und Friedenseiche
Es ergeben sich aber noch viele andere Probleme, die im GB vom 11. Juli dargelegt werden. Eines davon ist die Be­sei­ti­gung des Dachwassers von der Straße. Seit Jahrzehnten läuft das Dachwasser der meisten Häuser innerhalb des Or­tes auf die Straße, obwohl dies verboten sei. Da Feuch­tigkeit be­kanntlich der Tod jeder Straße ist, würde dadurch die schö­ne neue Teerdecke durch Frostaufbrüche zerstört werden. Die Gemeinde sei zwar gesetzlich berechtigt zu ver­langen, dass jeder Hausbesitzer seine Dachrinnen so ändert, dass das Wasser nicht auf die Straße läuft. Der Ge­mein­derat will die Hausbesitzer jedoch von dieser kostspieligen Um­änderung verschonen und schlägt vor, dass sich je zwei bis drei Häuser zusammenschließen, um das Dach­was­­ser „stra­ßen­scho­nend” abzu­lei­ten. Ein leidiges Kapitel sind auch die Haus­ein­gänge. Ein Haus liegt hoch, das andere tief. Die Ni­vel­lie­rung der Straße kann aber darauf keine Rück­sicht nehmen. Dem planenden Inge­nieur ge­lingt es je­doch den Wün­­schen der einzelnen Haus­­eigen­tümer gerecht zu werden bzw. einvernehmliche Lö­sungen bei der An­legung der Geh­stei­ge zu erzielen.

 

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Straßenbau Burgstraße (1953): Eine Schar Dorfbuben beobachtet interessiert die Straßenbauarbeiten vor dem Gasthof Kernbichl. Vielleicht erkennen sich einige der damaligen Knirpse. Die beiden Erwachsenen: Cilli Weiß, geb. Kernbichl, und ein Urlaubsgast.

 

Quelle: Alois Bernkopf, in: Mitterfelser Magazin 9/2003

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