Mitterfels. Ministerialensitz - Landgericht - Marktgemeinde

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Die Schönheit des Marktes Mitterfels erschließt sich keinem Autofahrer, der - von Straubing oder der Autobahn kommend - durch den Ort in Richtung Bayer. Wald fährt. Man muss sich schon in die Luft erheben oder - einfacher - in den „historischen" Ortskern abzweigen, sich am besten bei der neuen Pfarrkirche einen Parkplatz suchen und die Burgstraße hinabgehen, die sich auf einem Felsrücken hoch über dem „Perlbach" (Menach) zwischen zwei Häuserzeilen sachte zur früheren Pfarrkirche St. Georg absenkt. Erst beim Gang über die Burgbrücke sieht man die exponierte Lage des Ortes und der Burg Mitterfels hoch über dem Tal der Menach so richtig. Und man beginnt zu erahnen, warum die Geschichte von Mitterfels hier begann.

Die Burg Mitterfels entstand als Ministerialensitz der Grafen von Bogen, und sicherlich wurden die Urkunden des Gerichtssitzes Mitterfels - auch nach dem Übergang an die Wittelsbacher - mit dem Erkennungszeichen der „Bogener Rauten" gesiegelt.

Es gibt im Landkreis Straubing-Bogen keinen vergleichbaren Ort, der bis zur Auflösung des Amtsgerichts im Jahre 1973 eine derartige kontinuierliche Verwaltungsgeschichte vorweisen kann. So gab es in den letzten Jahrzehnten zwei Gründe, die historische Bedeutung von Mitterfels zu feiern: Im Jahre 1995 feierte man 800 Jahre Mitterfelser Geschichte - und 2004 feierte man mit Bogen „800 Jahre Bayerische Rauten".

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Berchtoldus de Mitterfels

Auslöser und Anhaltspunkt für den Termin der 800-Jahrfeier war die erstmalige schriftliche Nennung des Namens Berchtoldus de Mitterfels in einer Schenkungskunde von Kreuzkirchen an das Kloster Oberalteich durch Adelheid von Runding um 1185. Bei dieser Schenkung wird deren Bruder Berchtoldus als Zeuge benannt und als Ministeriale der Grafen von Bogen und Burghauptmann in Mitterfels bezeichnet.

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Die Grafen von Bogen

Damit sind wir bei dem schwierigen Kapitel der „Ursprünge der Grafen von Bogen". Nach neuesten Erkenntnissen (1) war diese Familie seit der Jahrtausendwende im Besitz des Landes zwischen Donau und dem Fluss Regen: „...Sie ist in einer sonst nur selten anzutreffenden Intensität prägend geworden für die Geschichte eines ganzen Raumes, und ... war entscheidend für die Entstehung des späteren Landgerichts Mitterfels."

Ihre Machtfülle und der prägende Einfluss in unserem Gebiet war nicht zuletzt durch ihre Vogteirechte über mehrere Klöster bedingt: wie Prüfening, Niederalteich, Oberalteich, Metten und Windberg. Die weit verzweigte Sippe tritt in unserem Raum bis zum Jahre 1100 unter folgendem Namen auf: die Grafen von Windberg-Bogen, die Domvögte von Regensburg, die Herren von Zidlarin (Zeitldorn, heute Unterzeitldorn), die Herren von Roth (Kirchroth), die Herren von Weinzier.

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Der erste aus der Familie der Grafen von Windberg-Bogen, der den Titel „Graf" führte, war Aswin von Zeitldorn. (Ein Altweg führte von Straubing über Unterzeitldorn, Münster nach Falkenfels.) Dieser Aswin gründete mit seinem Neffen Friedrich II., Domvogt von Regensburg, 1080 das Kloster Oberalteich. Sein Nachfolger verlegte nach Gründung des Klosters Windberg 1130 den Wohnsitz der Familie nach Bogen auf den Schlossberg, nicht - wie lange angenommen - auf den Bogenberg.

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Die Ministerialen der Grafen von Bogen

Zur Sicherung ihres Herrschaftsgebietes benötigte jede Dynastie treue Gefolgsleute, damals Milites (Militär!), später Ministerialen (Minister!) genannt. Die „domvögtische" Linie rodete vor allem den westlichen Teil der Grafschaft (westlich der Kinsach), wovon die vielen „zell"-Orte dort Zeugnis geben: Wolferszell, Rattiszell, Haunkenzell, Riederszell, Willerszell, Eggerszell, Geraszell, Hüttenzell, Zinzenzell... Die Dienstleute der „Windberger" Linie dagegen rodeten vor allem im östlichen Teil.

Die Ministerialen entstammten teils dem niederen Adel oder waren aus einfachen Diensten aufgestiegen und als tüchtige Verwalter und Hauptleute zu Reichtum und Ansehen gelangt. Sie nannten sich nach ihrem Wohnsitz, der häufig eine befestigte Anlage, manchmal auch eine Burg war. Im Rang am höchsten standen die Burghauptleute. Sie verfügten über eine Besatzung und konnten dem Umland Schutz und Hilfe bieten und sie führten die Aufsicht über Abgaben und Steuern, an denen sie erheblichen Anteil hatten. Solche befestigten Anlagen waren auf dem Natternberg, auf dem Degenberg, in Falkenfels, Randsberg und Mitterfels.

Als frühester Burghauptmann in Mitterfels wird Berchtoldus genannt, der um 1185 bei der Stiftung von Kreuzkirchen an das Kloster Oberalteich als Zeuge auftritt. Bei dieser Stiftung treten auch Marquardus und Renaldus von Buchberg (bei Mitterfels) auf, sowie die Brüder Heinrich und Marquart Schaeubing von Grub (heute: Scheibelsgrub). Buchberg und Scheibelsgrub (zur Gmde Mitterfels gehörend) hätten also 1994 ebenfalls ihr 800-jähriges Jubiläum feiern können!

Die Bedeutung des Burghauptmanns von Mitterfels kann man daraus erkennen, dass sein Todestag am 27. November im Totenbuch des Klosters Oberalteich genannt wird. Sein Todesjahr dürfte 1210 sein, da er 1209 zum letzten Mal als Zeuge auftritt.

Mitterfels geht an die Wittelsbacher

Nach dem Tode Albert IV., des letzten Grafen von Bogen, 1242, geht der gesamte Besitz der Grafschaft Bogen an die Wittelsbacher. Auf einem Bild in der St. Afra-Kapelle im Kloster Seligenthal in Landshut sieht man Herzog Ludwig I. (der die verwitwete Gattin Ludmilla des Bogener Grafen Albrecht IV. geheiratet hatte) bereits mit den Bogener Rauten auf dem Schild. (2)

Der Sohn von Ludmilla und Ludwig I., Otto II., der „Erlauchte", wurde Erbe des Herzogtums. Nach seinem Tode 1253 regierten seine Söhne Ludwig der Strenge und Heinrich der Ältere nur zwei Jahre gemeinsam. 1255 kam es zur ersten Teilung Bayerns. Ludwig erhielt Oberbayern mit der Pfalz, Heinrich Niederbayern, zu dem damals auch der östliche Teil Oberbayerns und das Innviertel gehörte.

Nun wurde auch eine Neueinteilung der Verwaltung nötig. Es wurden vier Viztumsämter gebildet (vice dominus = Herzogsstellvertreter). Straubing wurde Sitz eines der Viztumsämter und Mitterfels wurde Sitz eines der 16 Gerichte im Viztum Straubing (Karte auf vorhergehender Seite!). Das dürfte neben der zentralen Lage im Gerichtsbezirk auch in der Stärke der Festung begründet sein. (3) Holzfurtner begründet dies auch damit, dass sich in Mitterfels bereits eine Schranne (Sammelstelle der Getreideabgaben) für die Eigengerichtsbarkeit der Grafen von Bogen befand, neben je einer für die Untertanen des Klosters Oberalteich und Windberg. (4)

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Dass im Süden des Gerichts Mitterfels nicht die Donaulinie eingehalten wurde, ist damit begründet, dass das Gebiet um das ehemalige Kloster Pfaffmünster zum Grundbesitz des Augsburger Domkapitels gehörte und von Straubing aus verwaltet wurde. Wie lange solche Verwaltungsgrenzen Bestand haben können, sieht man daran, dass das Gebiet um Steinach bis zur Landkreisreform 1972 zum Landkreis Straubing und nicht zum Landkreis Bogen gehörte.

Im 2. Herzogsurbar (Besitzverzeichnis) von 1280 ist das Gericht Mitterfels in sechs Schergenämter eingeteilt: das Amt „Thurn" (zum „Turm" = Burg gehörig), zu dem auch der Ort Mitterfels selbst gehörte, Landasberg, Kriseszell, Weibing bei Bernried, das „Schwenchenamt" zu Weißach auf dem Bühel bei Schwarzach, Fahrndorf bei Mariaposching; später kamen hinzu das Amt Kößnach, das „Waldprobstamt" um Kasparzell aus dem Besitz des Klosters Windberg und das Amt Rattenberg. Zum Gericht Mitterfels gehörten 53 Hofmarken, Edelsitze und Klöster.

Vom Pfleggericht zum Landgericht und Amtsgericht

Anfangs gab es in jedem Gerichtsbezirk nur einen Träger der Amtsgewalt, den „Landrichter". Bald kam eine zweite Person dazu, der „Pfleger". Dieser war zunächst nur Burgwart (Burghauptmann). Er bot polizeilichen und militärischen Schutz und war später auch für die Verwaltungsaufgaben zuständig. Das hob natürlich seine Bedeutung, so dass sich allmählich die Bezeichnung „Pfleggericht" durchsetzte. Diese Bezeichnung blieb bis 1799, ab da gab es wieder „Landgerichte".

Während der Richter (Judex), seit das gedruckte „Landrecht" galt, ein Jurist sein musste, war der Pfleger ein Adeliger mit meist erheblichem Landbesitz. Zeitweise wohnten die Pfleger gar nicht in Mitterfels, dann setzten sie Pflegverwalter ein. Das war von 1522 bis 1646 ständig der Fall. Die „Pflege" konnte nach dem Ableben des Pflegers auch auf dessen Witwe übergehen: also eine gute Einnahmequelle und Pfründe. Nach dem Dreißigjährigen Krieg mussten die „Pflegskommissäre", wie die Pflegverwalter nun genannt wurden, allerdings Volljuristen sein.

Der wichtigste Mann in der Praxis des Gerichts war allerdings der „Gerichtsschreiber". Er musste ein „Archigrammaticus", ein „Erzsprachkünstler" sein, um die Urteile sprachlich richtig zu fassen. Dieses Amt wird in Mitterfels von 1523 bis 1784 benannt. Dass man vom Gerichtsschreiber sogar bis zum Landrichter aufsteigen konnte, zeigt Karl Anton Märkl. Er war von 1784 bis 1803 Gerichtsschreiber und von 1803 bis 1818 Landrichter.

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Von Mitterfels aus machte auch der Hilfsschreiber Johann Kaspar Thürriegl aus Gossersdorf Karriere. Nach seiner Tätigkeit in Mitterfels wurde er während des Österreichischen Erbfolgekriegs (1741 - 1745) zunächst Offizier im Heer des bayerischen Kurfürsten, trat später in französische und preußische Dienste und warb für den spanischen König als Oberst 6.000 deutsche Siedler für die Kolonisierung der Sierra Morena in Spanien. (5)
Ab 1879 wurde aus dem Landrichter ein „Oberamtsrichter". Die letzten drei werden den älteren Mitterfelsern noch bekannt sein: Dr. Gustav Kelber (1930 - 1949), Günter Herrmann (1949 bis 1.2.1973), Josef Pschorn (1.2.1973 bis 1.7.1973): Am 1.7.1973 wurde das Amtsgericht Mitterfels aufgelöst.

Blutgericht, Hexenprozess, Galgen und Prügelbank

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Das Wappen von Mitterfels weist auf die historischen Verhältnisse hin. Die Rauten sind die Farben der Grafen von Bogen; das silberne Schwert im roten Schildhaupt ist das Symbol der Hochgerichtsbarkeit: Blutgericht für „Malefizverbrechen"; die Tanne auf dem Hügel veranschaulicht die Lage auf einem Höhenrücken des Bayerischen Waldes.

Während die niedere Gerichtsbarkeit bei 43 Hofmarken im Gerichtsbezirk lag, war für „Malefizverbrechen" das hohe Gericht in Mitterfels zuständig. Da sich - ohne den Gerichtssitz - Mitterfels nicht von den übrigen Orten der Umgebung unterscheiden würde, ist es angebracht, sich mit dem Thema „Gericht" eingehender zu beschäftigen.

Die Gerichtsurteile waren nicht nur im Mittelalter, sondern zum Teil bis zur Mitte des 19. Jahrhunderts sehr streng, um nicht zu sagen grausam. Seit 1751 gab es im Kurfürstentum Bayern ein einheitliches Strafgesetzbuch: den „Codex Maximilianeus Bavaricus Criminalis". Kurfürst Max III. Josef hatte Wiguläus Aloysius Xaverius Freiherrn von Kreittmayr damit beauftragt. Damit war die Rechtsprechung im gesamten Kurfürstentum einheitlich geregelt und der Willkür der Richter Einhalt geboten. Freilich beruhte das von Kreittmayr entworfene Strafgesetzbuch noch überwiegend auf dem Prinzip der Abschreckung.

In der „Chronik Markt Mitterfels" (6) sind viele Urteile und Hinrichtungen am Gericht Mitterfels aufgeführt. Hier einige Beispiele:

• 1746 wird der „fahrende Büttel" Ägidius Breithaeuser, 48 Jahre alt, mit dem Schwert hingerichtet, weil er trotz Ausweisung in das „Vaterland" (d.h. in den Heimatort) zurückgekehrt ist. Am gleichen Tag wird ein Wolfgang Pruner wegen Diebstahl gehängt.

• Am 28. September 1750 wird ein Stefan Rauscher mit dem Schwert hingerichtet, weil er dreimal versucht hat sich das Leben zu nehmen: durch Aufhängen, Aufschneiden der Adern und Verschlucken von Spinnen.

• 1759 wird die ledige Magdalena Kreindlein geköpft. (Delikt unbekannt!)

• 1772 wird der 42-jährige verwitwete Arbeiter Johann Sagstetter aus Pfelling wegen Diebstahls gehängt und sogleich neben dem Galgen verscharrt. Vorher war er 23 Wochen in der Fronfeste Mitterfels in Ketten an die Wand geschlossen. Er starb jedoch gut vorbereitet und von zwei Geistlichen zur Richtstätte geleitet.

• Tragisch erscheint der Fall der Anna Osterkorn aus Elisabethszell. Sie gebar ein lediges Kind, das sofort nach der Geburt starb. Sie begrub es nachts im Friedhof, wurde ertappt und des Mordes angezeigt, in Mitterfels verhört und wegen Leugnens auf dem Folterstock gepeinigt und schließlich zum Tod durch das Schwert verurteilt.

Für nicht weniger als 33 Verbrechen gab es die Todesstrafe, vollstreckt durch das Schwert oder den Galgen. Für die Urteilsfindung war auch noch die peinliche Befragung, d.h. die Folter möglich. Ein humaneres Strafgesetz gab es erst seit 1813 unter König Max I., verfasst von dem Juristen Anselm von Feuerbach. Seit dieser Zeit wurde die Todesstrafe in der Regel nur bei Raub, Mord und Vergewaltigung ausgesprochen.

Galgen und Hinrichtungsstätte in Mitterfels

Dass die Hinrichtungsstelle öfter gewechselt wurde, geht daraus hervor, dass sich auf dem Liquidationsplan von 1838 zwischen der Aschaer und der Haselbacher Straße die Flurbezeichnungen „Galgenholz" und „Galgenacker" finden und westlich der Bayerwaldstraße die Bezeichnung „Auf der Köpfstatt". Die letzten Hinrichtungen fanden auf der Wiese zwischen der Gaststätte Moosmüller und Höfling statt. Der „Blutstuhl" (auf dem der Verurteilte festgeschnallt wurde) wurde auf dem Hof in Höfling gelagert. Von dort kam er ins Kreismuseum Bogen. Seit 1945 ist er nicht mehr auffindbar.

Die Original-Prügelbank für leichtere Vergehen befindet sich im Heimatmuseum Mitterfels. Es hält sich die Anekdote über einen Haselbacher Bauern, der wegen eines Deliktes zu 25 Stockschlägen verurteilt worden war. Die beiden Schergen legten ihn rücklings entblöst auf die Prügelbank und fixierten Arme und Beine mit Hilfe von eisernen Schellen. Nun begann der Strafvollzug. Nach dem 20. Hieb meinte einer von den beiden: „Die letzten fünf schenk ma eam!" Entrüstet rief der Delinquent: „Von eich noudige Mitterfelser loß i mir nix schenga. Dats weida!"

Hexenprozesse in Mitterfels

Natürlich gab es in Mitterfels auch Hexenprozesse. Nach den Forschungen von Dr. Gerhard Schwertl vom Staatsarchiv Landshut sind im Pfleggericht Mitterfels zwischen 1584 und 1738 48 Hexenprozesse nachgewiesen, wobei es viele Lücken gibt. Es ging dabei um die Delikte Hexerei, Teufelspakt und Teufelsbuhlschaft, sowie um Schatzgräberei und Teufelsbeschwörung. Dabei gab es 16 Todesurteile, 15 Hinrichtungen und nur eine Begnadigung. (8)

Nach 1600 gab es keine Hinrichtungen mehr durch Verbrennung bei lebendigem Leib, sondern - wie in der Malefizprozessordnung von 1616 empfohlen (!) - Strangulierung an einer hölzernen Säule mit anschließender Verbrennung der Leiche. Eine Ausnahme war die Hinrichtung der Kindsmörderin Margaretha Würthin von Bumhofen (Pumphofen) bei Haselbach am 15. Dezember 1724. Sie wurde mit dem Schwert hingerichtet und anschließend zu Asche verbrannt. (9)

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Die letzte öffentliche Hinrichtung in Mitterfels

Die letzte öffentliche Hinrichtung in Bayern fand 1865 statt. In Straubing wurde letztmals 1851 ein Raubmörder öffentlich hingerichtet. In Mitterfels war die letzte öffentliche Hinrichtung durch Enthauptung am 13. August 1847. 

Hingerichtet wurde der Schullehrer Dominikus Hahn aus Konzell. Er ließ durch den Knecht Egid seine Frau ermorden, weil er der verführerischen Magd, seiner Kusine Magdalena, in Leidenschaft verfallen war. Die beiden wurden durch König Ludwig I. zu lebenslanger Zuchthausstrafe begnadigt, Dominikus Hahn mit dem Schwert hingerichtet. Der Landrichter Ludwig Wieser verfasste darüber einen Prozessbericht, der gedruckt vorliegt.

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Die Hinrichtungsstätte befand sich westlich der heutigen Gastwirtschaft Moosmüller an der Straße nach Strau­bing. Die Hinrichtungsbühne ragte etwa drei Meter auf, damit alle Zuschauer den Vorgang gut sehen konnten. Man wird an heutiges Reality-TV erinnert: Tausende von Neugierigen waren gekommen, manche bis von Passau her. Man sah viele Geistliche unter der Menge. Manche Frauen trugen ganz kleine Kinder auf ihren Armen. Es war ein Freitag, dieser 13. August, obwohl nach altem Aberglauben Hinrichtungen nur an Montagen und Samstagen stattfinden sollten.

 

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Durch die Nennung eines Burghauptmanns (Berchtoldus) ist in Mitterfels schon um 1194 eine Burg bezeugt. Allerdings findet sich erst 1560 eine erste bildhafte Darstellung auf einer der Landtafeln des Philipp Apian, in Kupfer gestochen 1579 von Peter Weinerus.

Die Landtafel von Philipp Apian um 1560

Philipp Apian (1531 bis 1589) war Professor an der Universität Ingol­stadt. Im Auftrag Herzogs Albrechts V. hat er um 1560 das Herzogtum Bay­­ern das erste Mal vermessen und in „24 bairischen Landtafeln" dargestellt. Mit diesen Landtafeln besitzen wir die früheste und zugleich schönste Landkarte, die es von Bayern gibt.

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Hier ist neben einer größeren Burg westlich der Menach eine kleinere Burg östlich der Menach dargestellt, die bereits „ruinös" erscheint. Es wird vermutet, dass sie im sog. „Löw­leraufstand" (1489 - 1493) zerstört wur­­de. 46 Ritter des Bayerischen Wal­des hat­ten sich zu einem Ritterbund zusammengeschlossen. Sie trugen als Abzeichen eine goldene Halskette, die aus kleinen Löwen gebildet war, daher ihr Name.

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Herzog Albrecht der IV. hatte zur Modernisierung des Kriegswesens eine Kriegssteuer, das „Reisgeld" ausgeschrieben, die von Rittern, Bürgern und Bauern bezahlt werden sollte. Der Pfleger von Mitterfels, Christoph von Fraunberg, ließ sie von seinen Scher­gen mit großer Härte eintreiben. Wäh­rend die Bau­ern ihre kleinen Beträge willig abgaben, da sie dadurch vom „Landaufgebot" (Kriegs­dienst) befreit waren, weigerten sich die Ritter im „Vorderen Wald" mit Hinweis auf die „Ottonische Handfeste" von 1311, bei der ihnen das Mitspracherecht bei Aus­schrei­bung der Steuern zugestanden worden war. In diesem Aufstand, der sich zu einem re­gel­rechten Krieg ausweitete, versanken nicht nur viele Dörfer in Schutt und Asche, sondern es wurden auch viele Burgen der Auf­stän­dischen zerstört.

Wahrscheinlich wurde bei diesen Kriegshandlungen auch die zweite Burg Mitterfels zerstört. Auf dem Katasterblatt von 1920 ist der Standort der einstigen zweiten Burg als „Burg­stall" gekennzeichnet. Heute sind an dieser Stelle der Standort des Turmes sowie Burgraben und Wälle im Ge­lände (in der ve­getationsarmen Jahres­zeit) noch deutlich zu erkennen.

Wandgemälde von Donauer im Antiquarium der Münchner Residenz (1590)

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Hans Do­nauers Gemälde im Antiquarium der Münch­ner Residenz zeigt eine sehr imposante Burganlage auf dem Steilhang über der Menach (Abb. auf der nächsten Seite!). Der Künstler hat wohl die Größe et­was übertrieben oder wollte dem Im­ponier­ge­ha­be des Herzogs entgegenkommen. Auch auf Donauers Gemälde ist ein kleinerer Burgturm, der bereits ruinös ist, östlich der Me­nach zu erkennen. Ein weiterer Beleg da­für, dass es eine zweite Burg gab.

Kupferstich von Michael Wening um 1710

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Den besten Eindruck vom einstmaligen Ausehen und von der Funktion der Burg­an­lage vermittelt uns der Kup­ferstich von Mi­chael Wening, als „Churfüstl. Schloss Mit­terfels", um 1710 skizziert, 1726 er­schie­nen als 3. Band der „Landbeschreibung der vier bayer. Rentämter Mün­chen, Burghau­sen, Lands­hut und Straubing".

In der „Historio - Topo­gra­phica De­scriptio" ist der Ge­richtssitz Mitterfels beschrieben.(10) Hier ist zu bemerken, dass die Un­terschei­dung „Burg - Schloss" im kunstgeschichtlichen Sinn erst im 19. Jahrhundert er­folgte. Als allgemeiner Aus­druck für eine befestigte Wohn­­anlage galt bis ca. 1400 das Wort „castrum" = Burg, nach 1400 „veste" = Festung, erst im Laufe des 18. Jahr­hundert wur­de das Wort „Schloss" ge­bräuchlich.
Wening beginnt seine Beschreibung so:(11) „Es ist Mitterfoelß ein altes auff einem Felsen erhoechtes Schloß mit zwey dicken Mauren / auch auff de­nen Seyten / so gegen Mittag und Ni­der­gang der Sonnen stehen / mit einem tiefen, auß Stein außgehauten Graben geschlossen / gegen Auffgang aber und Mitternacht sencket sich das Ende deß Bergs in ein tieffes Thall ge­gen einem Perlhaltigen durch Kliff­ten und Stein durchrauschenden Bach ... "

Über die Gebäude und deren Zu­stand berichtet Wening lediglich: „Das Schloß ... hat am baeulichen Standt zwar keynen Abgang / aber Wohnun­gen von schlechter Zierlichkeit."

Votivtafel: Mitterfels im Österreichischen Erbfolgekrieg (1740 - 1747)

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Eine Darstellung der Mitterfelser Burg stammt aus der Zeit des Österreichischen Erbfolgekriegs.(12) Der Überlieferung nach soll Trenck der Pandur das Schloss Mitterfels sechs Wochen lang belagert haben. Dies ist jedoch schriftlich nicht belegt. Aber die Votivtafel der Mit­­­terfelser Pflegersgattin Maria Josepha Yber­le zum Dank für die Errettung in den Kriegsjahren 1742 bis 1744 gibt ein Zeugnis davon. Sie befindet sich im Original im Museum Mitterfels.

Mitterfels um 1750: Gemälde im Oberalteicher Pfarrhof

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Eine weitere Darstellung der Burg Mit­ter­fels mit dem alten Pfarrsitz Kreuz­kirchen ist auf einem Gemälde dar­gestellt, das sich im Pfarr­hof Ober­alteich befindet. Es zeigt eine Szene bei der Übergabe der Schenkungsurkunde durch Graf As­win und seiner Gemahlin Luitgard an den Abt von Oberalteich. Einen Aus­schnitt aus dem Gemälde zeigt das Ti­telbild des Historischen Atlas von Bay­ern, Band Mitterfels, München 2002.(13) Hier ist bereits die neue Kirche St. Georg zu sehen, die an Stelle der ehemaligen Burgkapelle gebaut wurde, die ebenfalls dem hl. Georg geweiht war. Das Bild gibt einen guten Eindruck von der geringen Größe des Ortes Mitter­fels wieder. Dabei dürfte sich seit der Steuerbeschreibung von 1579 wenig ge­ändert haben.

Darin heißt es: Der „Waldort" Mit­terfels besteht aus 19 schindelgedeckten Häusern, deren Bewohner über­wiegend im Dienste sowie der Si­cherung und Ver­sorgung der Burg stehen, 9 davon sind Hand­werker und Gewerbetreibende, nur 6 sind kleine Söldner. 4 Häuser gehören Amts­per­sonen des Pfleggerichts. Eines davon ist das Fürstliche Kas­tenprobstamt, Gerichts­schreiberhaus (heute Stiegler, Burgstr. 20). Bei der Renovierung im Jahre 1989 stellte sich heraus, dass es bereits im Jahre 1548 erbaut wurde und damit das bis da­hin älteste datierte Blockhaus in Nieder­bayem ist. (In­zwischen weiß man, dass die „Hien­sölde" - ebenfalls in Mitterfels - noch älter datiert wird.)

Die größeren Höfe, die den Klöstern Ober­alteich und Wind­­berg abgabepflichtig wa­ren, befanden sich im Um­kreis von Mitter­fels. Daran änderte sich auch in den nächsten 200 Jah­ren kaum etwas. Die „Fas­sion" (Steu­erbe­scheid) von 1808 stellt für das Dorf Mit­terfels lediglich 32 Häuser fest. Die­se befanden sich fast aus­schließlich in der heutigen Burg­straße.

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Die ungünstige geographische Lage und die schlechte Ver­kehrs­anbindung verhinderten die Entwicklung des Landge­richts­sitzes Mit­­terfels. Der Ort steht seit Jahrhunderten im Schatten des Marktes Bogen. Die wirtschaftliche Entwicklungsachse verlief und verläuft immer noch entlang der Donau.


 

Der Pfleger von Mitterfels (Sage)

„Der grausame Gerichts-Pfleger von Mitterfels hielt die Bauern so in Respekt, dass sie schon vor dem Schat­­ten seiner Hutfeder zitterten. Er zwang durch allzu rasche und grau­­same An­wendung der Folter eine junge Magd von Elisabethszell, welche sich Anna Osterkorn schrieb und mit Georg, dem Guts­­jä­ger von Hai­bach verlobt war, zum Ge­ständ­nis ei­nes Kindsmordes. (Ihr Kind war an na­türlicher Lebens­schwä­che gestorben.) Sie wur­de zum Tode verurteilt und starb un­schul­­dig unter dem Schwerte des Henkers.

Mehrere Jahre später ritt der grausame Pfleger am Hochgericht (Richt­stät­te) vorbei: ein Toten­schä­del, von Tie­ren ausgescharrt, rollte seinem Pferde vor die Füße, dieses scheute und stürzte mit seinem Reiter in den Abgrund: Jämmerlich zerschunden gibt der über­strenge Mann unter schweren Gewis­sens­­bis­sen (den Ju­stiz-Mord an der Unschuldigen beklagend) seinen Geist auf."(15)


 

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Seit dem 1.Mai 2003 ist die Marktgemeinde Mitterfels Eigentümerin der Burganlage. Der Freistaat Bayern veräußerte das Burggelände samt Hochbauten im Rahmen des Privatisierungsprogramms von staatlichen Liegenschaften. Nach langwierigen Verhandlungen über den Preis (man einigte sich schließlich auf 330.000 €) erfolgte die Übergabe bei einer kleinen Feierstunde im Vortragsraum des Museums durch Landtagsabgeordneten Herbert Ettengruber aus Straubing. So wurden die Mitterfelser Gemeindebürger Burgbesitzer, sie sind jetzt im ursprünglichen Sinn des Wortes "Bürger".

Sechs Jahre früher hätte die Marktgemeinde Mitterfels dieses „mächtige Zeichen seiner geschichtlichen Wurzeln" nicht annehmen können, hätte es sich doch die Erhaltung einer in Teilbereichen maroden, einsturzgefährdeten Burgmauer gar nicht leisten können. Der Bayerische Staat, in dessen Besitz die Burg war, sanierte in den Jahren 1997 - 2000 für rd. 5,5 Millionen DM sehr aufwändig und sorgfältig die einsturzgefährdeten Bereiche und ließ den noch gut erhaltenen Teilen der Anlage eine „kosmetische" Behandlung zukommen. Es wurden rd. 500 lfd. m bzw. 3000 m³ Mauerwerk bearbeitet. (16)

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Der Burghof hat sich seitdem mit vielfältigem Leben gefüllt. An alte Mitterfelser Theatertradition anknüpfend werden im Freien vor herrlicher Kulisse zwischen den Burgmauern schon früher gespielte und neue Singstücke aufgeführt. Die Skiabteilung des TSV Mitterfels organisierte im Jahre 2013 schon den 18. Christkindlmarkt, der sich mit seinem Rahmenprogramm wohltuend von den üblichen Märkten unterscheidet. Bei Freiluftkonzerten, Kunstausstellungen oder dem „Gartenfestival" werden die verschiedenen Burghofbereiche genutzt. Eine Begegnungsstätte der besonderen Art ist entstanden. 

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Quellenangabe und Literatur:
(1) Holzfurtner L., Historischer Atlas von Bayern, Band Mitterfels, S. 15, München 2002
(2) Neueder H., Bogen: Grafschaft, Stadt an der Donau, Stuttgart 1999
(3) Holzfurtner L., Die Entstehung des Gerichtes Mitterfels, Mitterfelser Magazin Nr. 9/2003, S. 28
4() Holzfurtner L., Die Entstehung des Gerichtes Mitterfels, Mitterfelser Magazin Nr. 9/2003, S. 27 f.
(5) Westerholz S. M., Spanische Siedlungen eines bayerischen Söldners, Mitterfelser Magazin Nr. 7/2001, S. 10 f.
(6) Wartner F., Chronik Markt Mitterfels, S. 51 f., Mitterfels 1988
(7) Deckblatt zum Prozessakt der Margaretha Würthin von 1724, StA Landshut, Pfleggericht Mitterfels, A 163
(8) Schwertl G., Hexenprozesse im Pfleggericht Mitterfels, Mitterfelser Magazin Nr. 1/1995, S. 21 f.
(9) Schwertl G., Hexenprozesse im Pfleggericht Mitterfels, Mitterfelser Magazin Nr. 1/1995, S. 23
(10) Wartner F., 800 Jahre Mitterfels, Mitterfelser Magazin Nr. 1/1995, S. 9
(11) Wartner F., Chronik Markt Mitterfels, S. 101, Mitterfels 1988
(12) Wartner F., 800 Jahre Mitterfels, Mitterfelser Magazin Nr. 1/1995, S. 6
(13) Schmid A.., Historischer Atlas von Bayern, Mitterfelser Magazin Nr. 9/ 2003, S. 22
(14) Luftaufnahme von Mitterfels, Ansichtskarte im Besitz von Elisabeth Aumer
(15) Rußwurm J., Der grausame Landrichter (Der Pfleger von Mitterfels), Mitterfelser Heimatbüchlein Nr. 2/1946 (Nachlass Heiß)
(16) Berger A. - Tosch F., Sanierung der Burgmauer in Mitterfels, Mitterfelser Magazin Nr.6/2000, S. 29 f., sowie: Bernkopf A., Pflegerburg Mitterfels wurde saniert, Der Bayerwald 4/2001

Fotos: Alois Bernkopf, Albert Berger, Martin Graf, Josef Simmel, Heinrich Stenzel 

 

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„Der Anlass, der uns heute hier zusammen geführt hat, ist das 20-jährige Bestehen eines Heimatmuseums, von denen es natürlich unzählige gibt, auf die unzählige Gemeindeväter stolz sind, zumindest bei der Eröffnung. Unter den unzähligen gibt es eine Reihe von besonderen und unter den besonders gelungenen nur ganz wenige einmalige, - solche nämlich wie das Mitterfelser." So begann der leider so früh verstorbene Kreisarchäologe Karl Böhm seine Laudatio auf Sepp Brembeck zum 20-jährigen Bestehen des Mitterfelser Heimatmuseums beim Festakt im Turmzimmer des Museums (Dezember 2002), auf Sepp Brembeck, der alles, was in den Zellen des ehemaligen Gefängnistraktes der Burg Mitterfels ausgestellt ist, zusammengetragen hat. „Er hat Vieles und wohl nicht selten Einmaliges erworben, vor der gedankenlosen Zerstörung oder der Müllhalde bewahrt, hat's o'g'schmatzt, getauscht, in internationaler Bierkastenwährung erworben oder sonst wie seiner Sammlung einverleibt, - wer's ganz genau wissen will, erfährt's noch genauer: 'Ah ja, woaßt da's ä selber, wia's a so her gäd.'(Originalzitat Brembeck)" (aus: Mitterfelser Magazin 9/2003)

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Den ehemaligen Gefängnistrakt, dessen Gefangenenzellen geradezu prädestiniert sind für ein Museumskonzept dieser Art, stellt die Marktgemeinde Mitterfels zur Verfügung, der Bestand des Museums gehörte Sepp Brembeck, der leider vor fünf Jahren plötzlich verstarb. Bedauerlicherweise hat er kein Vermächtnis hinterlassen, was mit der Museumseinrichtung geschehen soll. Die Erben und die Marktgemeinde konnten seit Sepp Brembecks Tod noch keine Einigung erzielen. Das Museum ist zwar weiter zu den üblichen Zeiten geöffnet (von Ostermontag bis Ende Oktober jeden Sonntag von 14:00 bis 17:00 Uhr), neue Impulse werden wohl erst nach einer Einigung zu erwarten sein. (Red.) 

 

Vom Beamtendorf zur Wohngemeinde

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